Walter (*1928) ist bereits 1994 überraschend verstorben, seine geliebte "Schnecki" Traude (*1928) ist ihm nach längerer Krankheit vergangenen Oktober gefolgt.
Im und um das Haus wurde nach dem Ableben von Walter kaum etwas verändert. Das Atriumhaus, außen unscheinbar, aber innen die Wände voll mit bunten Kunstwerken, Collagen, Gemälden, farblich auffallenden Möbeln und Vorhängen, überall der von Traude entworfene Schmuck. Traude hat nahezu alles gesammelt, von einem Blatt über Federn, alte rostige Blechdosen, Bücher, Sand von verschiedenen Stränden und Bonbonpapierchen. Im Garten neben dem Fischteich, in dem immer noch ihre Goldfische schwimmen, stand jahrzehntelang ihr geliebtes Lämmle, das wir inzwischen restauriert und auf ein neues altes Brett gestellt haben, das wir aus einem alten Holzlager einer längst geschlossenen Steinheimer Stuhlfabrik erworben haben.
In den vergangenen Wochen wurde der "Haushalt" und das Lager der ehemaligen Firma "Sängerform" von einem Auktionshaus geräumt. Alles, wirklich alles, steht zum Verkauf. Noch einmal durch das Haus zu wandeln, das ich seit über vier Jahrzehnten kenne, war mir ein Bedürfnis. Ganz ehrlich, ich war mehrmals dort .... die Schränke und Kartons steckten voller Überraschungen, vom Gesangbuch bis zu uralten Familienfotos, Ketten, Broschen, Federn, Collagen, Traudes farbenfrohe Kleider und Hüte .... es war ein Abschiednehmen für immer. Oder doch nicht ganz, denn ich erwarb eine Sitzgruppe samt Tisch, spanisch antik aus dem 19. Jahrhundert, mit Samt in pink gepolstert. - Bei keiner Schwäbin der alten Generation, außer eben bei Traude, standen so auffällig gepolsterte Sitzmöbel im Wohnzimmer.
Das Lager von Sängerform war übervoll mit Modeschmuck und Stoffen, mit Bergen von Rohmaterial und alten Schmuckmustern der Messestände. Der Schmuck wurde von Traude entworfen, von fleißigen Marbacherinnen in Heimarbeit hergestellt, verpackt und auf internationalen Messen in London, Mailand, Paris, Berlin und Stuttgart verkauft. - Dieses Imperium wurde jetzt von Kaufinteressenten durchwühlt und geplündert. Eine Million Schmuckstücke etwa, schrieb die Marbacher Zeitung in ihrem Artikel
Eine Schatzkammer wird aufgelöst mit dem der Verkauf angekündigt wurde.
Der Auktionator ist von der Vielfalt und dem Können der Sängers begeistert, ein Teil des Nachlasses wird im September auf einer Auktion in Stuttgart angeboten. Was mir an dem adeligen Auktionator gefällt, er hat auch ein Auge für die einfachen materiell wertlosen Dinge aus dem Leben von Traude und Walter, so wie diesen von Traude kunstvoll geschriebenen Text. Er hat auch das Berichtsheft von Walter aus seiner Lehrzeit bei der Firma Porsche "gerettet".
Aus dem Fundus von
Walter Sänger.
Nicht die Flucht aus der
Wirklichkeit ist für mich
faszinierend, sondern
die Gegenwart! -----
Die Fantasie ermöglicht das
fast Unmögliche ----
Entwickle dich ständig
bis zum Tod - Verrücktes
tun damit sich normales
entwickeln kann T.
Mit einem großen T. wie am Ende des Textes,
signierte Traude ihre Kunstwerke, Briefe und
persönlichen Geschenke,
ein einfaches T mit Punkt
oder auch ganz schwungvoll.
Wir sind gespannt auf die Zukunft des Hauses, von Innenarchitekt Walter Sänger selbst entworfen und eingerichtet. Wer wird das Haus erwerben? Muss das Haus einem Industriebau weichen? Oder wird das Haus von neuen Eigentümern in diesem Stil erhalten und bleibt es weiterhin mit Kunst verbunden?
Ich setze mich jetzt ganz "wirklich" in einen der pinkfarbenen Sessel von Traude, denke an die gute alte Zeit mit ihr und Walter und vielleicht springt die eine oder andere "verrückte" Idee auf mich über ....
.M.
schon geht es los, ich signiere ab heute mit Punkt M Punkt
.M.
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