Die Stimme des Redners überschlug sich. Zu Hunderten drängten sie sich um ihn. Sie alle wollten den Neuländer hören, den Mann, der aus den neuen Ländern jenseits des großen Meeres kam, der von Amerika berichtete, von den ungeahnten Reichtümern, die sich dort jedem boten, der ein bisschen Mumm aufbrachte, von den Möglichkeiten hier wegzukommen, wo die Menschen Hunger litten und die Verzweiflung Tag für Tag weiter um sich griff. ....
"Wer hier ein armer Bauer ist, lebt drüben als reicher Gutsherr mit Wiesen, Weiden und Feldern, so weit das Auge reicht, fährt mit Pferd und Wagen über Land und freut sich an seinem Wohlstand. Wer hier ein elendes Leben führt als Handwerker ohne Aufträge, ohne Zukunft, der ist drüben ein angesehener Geschäftsmann und wohnt im eigenen Haus in der Stadt, kann sich vor gut bezahlter Arbeit kaum retten. Seine Frau, die hier kaum weiß, wie sie ihren Mann und ihre Kinder satt kriegen soll, ist drüben die gnädige Madame und kommandiert ihre Mägde. Wer hier schuftet und doch nichts verdient, der scheffelt drüben gute Dollars."
So ein Aufschneider! Georg betrachtete die Menge, die den Werber fast an die Stadtmauer drückte. Tausend Augen waren auf ihn gerichtet. Ein bisschen Hoffnung wollten sie sich erhaschen. Abgehärmte Gesichter, magere Gestalten, Frauen, die ihre Kinder an sich pressten, Männer mit müdem Rücken, aber leuchtenden Augen. Sie träumten von einem Leben ohne Not, Entbehrung und Erniedrigung. - Aus dem historischen Roman:
Heilbronn, Mannheim 1817: Tausende Badener und Württemberger strömen zu den Landeplätzen am Neckar, um aus ihrer Heimat zu fliehen, die sie nicht mehr ernähren kann. Seelenverkäufer haben den Armutsflüchtlingen das Blaue vom Himmel versprochen, wenn sie auf ihr Angebot zur Auswanderung nach Amerika eingehen. Ihr Weg führt flussabwärts zu den Auswandererhäfen in den Niederlanden. Unter ihnen sind Barbara und Georg, die sich im Auswandererlager in Heilbronn kennengelernt haben. Beide geraten in das Netz von skrupellosen Seelenverkäufern und Deutschenhändlern. Während Georg in Mannheim nach den Mördern seines Vaters sucht, der einer Schleuserbande auf die Schliche gekommen war, fährt Barbara mit ihrer Familie auf einem überfüllten Auswandererschiff von Amsterdam nach Philadelphia. Trotz getrennter Wege können sie ihre Liebe nicht vergessen. Gibt es ein Wiedersehen im Land ihrer Träume und Hoffnungen?