"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Mittwoch, 30. März 2016

Die Seelenverkäufer im Neckartal - historischer Roman

 Die Stimme des Redners überschlug sich. Zu Hunderten drängten sie sich um ihn. Sie alle wollten den Neuländer hören, den Mann, der aus den neuen Ländern jenseits des großen Meeres kam, der von Amerika berichtete, von den ungeahnten Reichtümern, die sich dort jedem boten, der ein bisschen Mumm aufbrachte, von den Möglichkeiten hier wegzukommen, wo die Menschen Hunger litten und die Verzweiflung Tag für Tag weiter um sich griff. ....
"Wer hier ein armer Bauer ist, lebt drüben als reicher Gutsherr mit Wiesen, Weiden und Feldern, so weit das Auge reicht, fährt mit Pferd und Wagen über Land und freut sich an seinem Wohlstand. Wer hier ein elendes Leben führt als Handwerker ohne Aufträge, ohne Zukunft, der ist drüben ein angesehener Geschäftsmann und wohnt im eigenen Haus in der Stadt, kann sich vor gut bezahlter Arbeit kaum retten. Seine Frau, die hier kaum weiß, wie sie ihren Mann und ihre Kinder satt kriegen soll, ist drüben die gnädige Madame und kommandiert ihre Mägde. Wer hier schuftet und doch nichts verdient, der scheffelt drüben gute Dollars."
So ein Aufschneider! Georg betrachtete die Menge, die den Werber fast an die Stadtmauer drückte. Tausend Augen waren auf ihn gerichtet. Ein bisschen Hoffnung wollten sie sich erhaschen. Abgehärmte Gesichter, magere Gestalten, Frauen, die ihre Kinder an sich pressten, Männer mit müdem Rücken, aber leuchtenden Augen. Sie träumten von einem Leben ohne Not, Entbehrung und Erniedrigung. - Aus dem historischen Roman: 
 

Heilbronn, Mannheim 1817: Tausende Badener und Württemberger strömen zu den Landeplätzen am Neckar, um aus ihrer Heimat zu fliehen, die sie nicht mehr ernähren kann. Seelenverkäufer haben den Armutsflüchtlingen das Blaue vom Himmel versprochen, wenn sie auf ihr Angebot zur Auswanderung nach Amerika eingehen. Ihr Weg führt flussabwärts zu den Auswandererhäfen in den Niederlanden. Unter ihnen sind Barbara und Georg, die sich im Auswandererlager in Heilbronn kennengelernt haben. Beide geraten in das Netz  von skrupellosen Seelenverkäufern und Deutschenhändlern. Während Georg in Mannheim nach den Mördern seines Vaters sucht, der einer Schleuserbande auf die Schliche gekommen war, fährt Barbara mit ihrer Familie auf einem überfüllten Auswandererschiff von Amsterdam nach Philadelphia. Trotz getrennter Wege können sie ihre Liebe nicht vergessen. Gibt es ein Wiedersehen im Land ihrer Träume und Hoffnungen?

Montag, 28. März 2016

Josef Nafzger - durch den Stich einer Kosaken-Lanze verwundet

Die dicken Halblederbände der „Gerichts- und Gde.Ratsprotokolle“ im Ortsarchiv Höpfigheim geben Einblick in die früheren Geschehnisse:
Als es im Jahr 1827 um die Nachfolge des verstorbenen Höpfigheimer Feld- und Waldschützen Scherb ging, hat der Gemeinderat Josef Nafzger (*1788) zum neuen Schützen bestellt, weil er "geeignet war und wegen seiner im russischen Feldzug erlittenen Drangsale“.
Von den 15.800 Württemberger Soldaten, die mit Napoleon 1812 nach Russland gezogen waren, kamen 1813 nur knapp 500 in die Heimat zurück. Zu den Heimkehrern gehörte auch Josef Nafzger, der durch den Stich einer Kosaken-Lanze verwundet wurde.
Bei seiner Heirat mit Katharina Klara Wagner (1805 - 1845) im Jahr 1830 wurde im Kirchenbuch vermerkt: "hat den Rußlandfeldzug mitgemacht".
Drei Söhne sind nach England ausgewandert, ihre Nachfahren pflegen heute noch den Kontakt zu Familienangehörigen in Höpfigheim.



Josef Nafzger ist der Bruder meines 4-fachen Urgroßvaters, Johann Friedrich Nafzger (1773 - 1862), Traubenwirt in Höpfigheim.


Höpfigheim - der Wilddieb

Wer kennt noch das Volkslied "Der Wilddieb" aus den 1930ern? Das dramatisch endende Lied mit dem sterbenden Förster hörten wir von der alten krächzenden Schelllackplatte bei Oma und Opa. Lieder vom Wilddieb, von der Försterliesel, von Wildbächen und Schwarzwaldmädeln waren damals "in".


Was schleicht dort im nächtlichen Walde so einsam wildernd umher?
Wer hält in seiner Rechten so krampfhaft fest sein Gewehr?
Wer hält in seiner Rechten so krampfhaft fest sein Gewehr?

Da tritt aus dem nahen Gebüsche ein stolzer Hirsch hervor!
Er wittert nach allen Seiten, hebt stolz sein Geweih empor.
Er wittert nach allen Seiten, hebt stolz sein Geweih empor.

"Halt, Schurke, die Büchse herunter!" So tönt es von drüben her.
"Dich, Wilddieb, dich such' ich schon lange, von der Stelle kommst du mir nicht mehr!"
"Dich, Wilddieb, dich such' ich schon lange, von der Stelle kommst du mir nicht mehr!"

Der Wilddieb, er gibt keine Antwort, er kennt seine sichere Hand.
Ein Knallen und gleich drauf ein Aufschrei, und der Förster lag sterbend im Sand. 
Ein Knallen und gleich drauf ein Aufschrei, und der Förster lag sterbend im Sand.

"Du bist heut' im Zweikampf gefallen", der Wilddieb drauf reumütig spricht:
"Du hast deine Pflicht treu erfüllet, doch das, was ich tat, weiß ich nicht."

"Du hast deine Pflicht treu erfüllet, doch das, was ich tat, weiß ich nicht."

Da drückte der Wilddieb dem Förster die gebrochen Augen zu
und flüsterte leise die Worte: "Gott schenke dir ewige Ruh'."

und flüsterte leise die Worte: "Gott schenke dir ewige Ruh'."

Er stellt sich im Ort dem Gendarmen, gepeinigt von Reue und Not.
"Gott schenk' meiner Seele Erbarmen, ich büß´ für des Försters Tod!"

"Gott schenk' meiner Seele Erbarmen, ich büß´ für des Försters Tod!"

Anders als in diesem Volkslied endete die Wilddieberei des siebzehnjährigen Johannes Wägerle aus Höpfigheim. Der Sohn des Bürgers, Soldaten und Webers Johann Christian Wägerle und seiner Ehefrau Christina Katharina Ruckwied ist am 15. Mai 1825 morgens um 4 Uhr verstorben. Im Totenregister ist unter der Rubrik "Krankheit oder zufällige Todesart" eingetragen: "wurde im Wald erschoßen ... vom Jäger ..."

Im Höpfigheimer Ortsarchiv befindet sich ein Gemeinderatsprotokoll von 1825 mit der Abschrift eines Urteils des Esslinger Kreisgerichts, das dem Schultheißenamt Höpfigheim vom Oberamtsgericht Marbach, zugestellt worden war.
„Im Namen des Königs: Zu der von dem Königl.O.Amtsgericht Marbach verhandelten Untersuchungssache gegen den Hofjäger Josef Berger von Murr erkennt der Criminal Senat des Gerichtshofs für den Neckarkreis, daß 1.) die gegen den angeschuldigten Berger erhobene Anklage der Tötung des Johannes Wägerle von Höpfigheim bis auf weiteres zu beruhen hat, und daß 2.) Christian Wägerle, Vater des Getöteten, wegen Wilderey-Versuchs neben der Verbindlichkeit zu Bezahlung seiner Arrest –und Untersuchungskosten zu einer 3-monatlichen Arbeitshausstrafe in Markgröningen verurteilt sein solle. So beschlossen im Criminal Senat des Königl.Gerichtshofs für den Neckarkreis Eßlingen, 25.Juni 1825“.

War es der Sammler- und Jägerinstinkt der junge Männer zur illegalen Wilddieberei animierte oder war es in den Hungerjahren einfach aus der Not heraus, im Wald illegal nach einem guten und großen Braten für die 10-köpfige Familie zu jagen?

 


Reichsstadt Schwäbisch Hall

Reichsstadt, Salzsieder, Freilichtspiele, Kirche St. Michael, Benediktinerkloster Comburg, Reformator Johannes Brenz, Kunsthalle Würth, Johanniterkirche mit der Schutzmantelmadonna von Hans Holbein, Sudhaus, Haller Löwenbräu, Bausparkasse Schwäbisch Hall.... all das fällt mir spontan zur Kreisstadt Schwäbisch Hall ein. - Christliche, weltliche, künstlerische und kulinarische Highlights treffen hier in "Hall" im Hohenloher Land aufeinander. Schwäbisch Hall ist immer wieder einen Besuch wert, zumal die sehr ansprechende Kunsthalle Würth mit den wechselnden Ausstellungen ein "Muss" ist. Die aktuelle Ausstellung erfreut sich großer Beliebtheit bei Alt und Jung:

Wilhelm Busch - was ihn betrifft
Max und Moritz treffen Struwwelpeter

Struwwelpeter und die Lausbuben Max und Moritz


Der Schriftzug an diesem historischen Haus zeigt, wie sich die Schreibweise der Namen immer wieder verändert hat. Der genannte Johannes Brenz (1499 Weil der Stadt - 1570 Stuttgart) wirkte in der Reichsstadt und in Württemberg als Reformator. Johannes Brenz war am 8. November 1568 Gast bei der Hochzeit der Tochter meines 12-fachen Urgroßvaters Michael Krauss in Sindelfingen.


"hier haben gelebt die Gerber: Hans Uysenmenger 1414. Herm. Eysenmenger 1518 ein Ahn Goethes. Katharina Eisenmenger. Caspar Greter 1540 Schwager von Joh. Brenz. Endriss Gretter 1581. Friedr. Gräter 1919"



über die Kocherbrücke Richtung Innenstadt



mittelalterliche Häuserfassade mit dem Kirchturm von St. Michael



Gasthaus "zum Löwen", dahinter das Kunsthaus Würth und das Sudhaus

Flädlessuppe, Steak vom Hohenloher Weiderind oder Medaillons vom Schwäbisch Hällischen Landschwein und dazu ein frisch gezapftes Haller Löwenbräu, perfekter kann ein Ostersonntag in Baden-Württemberg kaum sein.

Bis nach Schwäbisch Hall flüchteten 1693 die Steinheimer Bürger vor dem Überfall der Franzosen, die Häuser plünderten, Städte und Dörfer in Brand setzten. Unter den Flüchtlingen war auch die Familie Trautwein. Am 18. August 1693 ist Sebastian Trautwein, mein 7-facher Urgroßvater, in Schwäbisch Hall geboren. Nach der Rückkehr wurde im Kirchenbuch Steinheim vermerkt: "zu Hall geboren."


Sonntag, 27. März 2016

Freitag, 25. März 2016

Russlandfeldzug - von Prevorst nach Russland und wieder zurück

Das Familienregister von Prevorst enthält auf Seite 50 einen wohl sehr seltenen Eintrag:
Johannes Sinn, Bürger und Holzmacher, hat den Feldzug nach Rußland 1812 mitgemacht und ist zurückgekehrt.

Napoleon zog 1812 eine Riesenstreitmacht, die Grande Armée, zusammen. Ihr gehörten über 600.000 Soldaten aus fast allen Teilen Europas an. Nur die Hälfte kam aus den französischen Départements, die andere Hälfte stellten Kontingente aller Nationalitäten: Deutsche und Österreicher, Polen und Litauer, Italiener, Spanier, Holländer, Dänen, Schweizer, Serbokroaten.

Vom 24. bis zum 26. Juni überschreitet die Grande Armée auf drei Pontonbrücken die Memel; an die 450.000 Mann zählt die erste Welle der Invasionstruppen. - Nur noch 16.000 Soldaten erreichen am 16. Dezember auf dem Rückzug wieder die Memel; einige Tausende Versprengter folgen in den nächsten Tagen. - Der Russlandfeldzug war der Anfang vom Ende der Herrschaft Napoleons über Frankreich und Europa.
(ZEIT ONLINE: Der Tod der Grande Armée)

 Rückzug über die Beresina

Es grenzt also an ein Wunder, dass Johannes Sinn seine Heimat wieder sah. Wie es ihm in den 30 Jahren nach diesem Gemetzel in Russland erging ist nicht überliefert. Im Januar 1842 sind er und seine Ehefrau Rosina innerhalb einer Woche in Prevorst verstorben.

Aus dem Höpfigheimer Ortsarchiv: Von den 15.800 Württembergern, die nach Rußland gezogen waren, kamen 1813 nur knapp 500 in die Heimat zurück.



Prevorst - Kohlenbrenner & Raifmacher

Das Straßendorf Prevorst (auch Brechfirst, Brefürst, Brefirst), die Enklave des Kreises Ludwigsburg, liegt mitten in den waldreichen Löwensteiner Bergen in 482 Meter Höhe.

 
Prevorst 1686 - Forstlagerbuch Andreas Kieser
 
In Prevorst ist 1748 Veronika Schuster geboren. Sie ist die uneheliche Tochter meines 6-fachen Urgroßvaters Johann Friedrich Schuster (1720 - 1772) vom Hofgut Hetzelhof. Von ihrer Mutter ist nur der Vorname Ursula bekannt, J.F.Schuster hat die Vaterschaft anerkannt und der Führung seines Nachnamens zugestimmt. Im Alter von 26 Jahren heiratete sie den Prevorster Bäcker Johann Georg Spahr.
Das Prevorster Familienregister aus dem 18.Jahrhundert ist gut lesbar. Die Einträge der Männer erfolgten fast alle mit ihren Berufen und Tätigkeiten. Sie waren Bauern, Müller, Metzger, Bäcker (Beck), Krämer, Gastwirt, Küfer (Kiefer), Zimmermann, Wagner, Maurer, Schmied, Hafner, Weber, Schuhmacher und Schneider. Sie hatten die Ämter Waisenrichter, Amtspfleger, Rathsverwandte und Waldschütz inne. Sie waren auch Söldner, Grenadier, Schulmeister und Spiegelfabrikant.
Es finden sich aber auch Berufe die wir vom unteren Ende des Bottwartales nicht kennen: Unterförster, Holzmacher, Holzhauer, Kohlenbrenner (Köhler) und Raifmacher (Reifenmacher).
 
Aber was genau produziert der Raifmacher oder Reifenmacher in dieser waldreichen Gegend? Reifen braucht man für Fässer und Fässer haben doch Eisenreifen!?! -  Die Suche war nicht einfach, mit Holz musste der Beruf zu tun haben, denn ich las von einer Zwergaxt der Raifmacher. Die Antwort brachte das Bild des Küfers (Fassbinder, Binder, Bender oder Böttcher) bei der Arbeit in der Küferei. Vor den Eisenreifen wurden die Holzfässer also mit Holzreifen gebunden. Die Holzreifen hielten die Dauben, die Längshölzer aus denen Fässer und Bottiche gemacht wurden, zusammen.
 
 
Küferei
 
Prevorst, heute zu Oberstenfeld gehörend, ist weit über die Grenzen des Landkreises hinaus bekannt. Im Sommer wird das traditionelle Seifenkistenrennen veranstaltet und im Dezember findet der Christbaummarkt statt: "der Christbaummarkt Prevorst besteht aus 15 Christbaumbauern die entlang der Ortsstraße mehrere tausend Bäume anbieten. Dazwischen stehen durch den ganzen Ort verteilt ca. 30 - 40 Stände in Scheunen oder Höfen mit weihnachtlichen Artikeln sowie schmackhaftes für den Gaumen".
 
 
 
alle Jahre wieder: Christbaummarkt in Prevorst
 
 
 

 
  

Samstag, 19. März 2016

Marbach - 18. Jahrhundert-Fest



Am 7. und 8. Mai 2016 ist es wieder soweit: Damen in langen, weiten Röcken mit einfachen Häubchen, Herren in engen Kniebundhosen und Dreispitz, Soldaten mit Bajonett und Spielleute mit Flöten ziehen durch die Marbacher Marktstraße mit ihren Fachwerkhäusern. Sie bleiben stehen vor Buden mit einfachen Leckerbissen, beobachten Handwerker, die ihre Künste anpreisen, erfreuen sich an den Gauklern. Das laute Leben einer kleinen Stadt im 18. Jahrhundert, in Marbach kann man es erleben.



Was du ererbt von deinen Vätern ...

'Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen'Dieses Zitat stammt aus Goethes 'Faust'. In seinem zweiten großen Monolog spricht Faust angesichts des vom Vater hinterlassenen 'alt Geräte, das ich nicht gebraucht', diese berühmten Worte. Es sind Worte über die Aneignung überlieferter Dinge durch eigenen Einsatz, eigene Verdienste, Worte über die Möglichkeit, die der Mensch hat, sich ererbte Güter zu Eigen zu machen, indem er sie richtig nutzt. Die dem bekannten Zitat unmittelbar folgende Zeile, 'was man nicht nützt, ist eine schwere Last', ein gelegentlich auch allein zitiertes Wort, bringt die Weiterführung des Gedankens, dass nur wirklich Angeeignetes und Genutztes Nützliches bewirkt, das Ungenutzte hingegen nur zum überflüssigen Ballast werden kann.



Zu meinem Erbe gehören 23 alte Obstbäume, die dringend der Pflege bedurften. Das heißt radikaler Baumschnitt. Es gab Phasen wo ich am liebsten die Bäume über der Grasnarbe abgesägt hätte. Aber was würden Großväter und Urgroßväter dazu sagen? Sie brauchten mehr Kraft zum Bäume schneiden, zum mähen der Wiesen und zum ernten des Obstes. Sie fuhren mit oft störrischem Ochsen-, Kuh- oder Pferdegespann raus, schnitten in den frühen Morgenstunden das Gras mit der Sense, ernteten das Obst und trieben die Obstmühlen von Hand an. Der Most musste mit Eimern in die großen Eichenfässer im tiefen Keller gefüllt werden, die Ehefrauen gaben reichlich Wasser dazu, so dass das tägliche Getränk weniger Alkohol enthielt.

Wir brauchen also nicht klagen, denn der STIHL-Hochentaster schneidet die alten vermoosten Äste wie Butter. Das zerkleinern und aufsammeln der Äste ist etwas mühsam, dafür entschädigt die wärmende Frühlingssonne und der weite Blick über Murr und Steinheim bis zu den Burgen die schon seit Jahrhunderten über das Bottwartal wachen.


Blick nach Murr

Blick nach Steinheim

Berge und Burgen im Bottwartal

Abends ist man wirklich müde, spürt Muskeln die man bisher nicht kannte und man schläft mit dem Gedanken ein, wirklich etwas geleistet zu haben. Der Mühe Lohn muss bis zum Herbst warten, zuvor muss die Wiese aber noch zwei mal gemäht werden und man beobachtet die zu erwartende Ernte. Wie viel Äpfel wird es wohl im Herbst geben? Wir sammeln das Fallobst auf, bringen es zu der Sammelstelle eines Getränkekonzernes. Hoffen, dass die Ernte nicht zu groß ausfällt, denn dann gibt es Dumpingpreise. - Es ist kein lohnendes Geschäft, aber man ist mit der Natur verbunden, schützt mit dem Erhalt der Streuobstwiesen den immer weniger werdenden aber wichtigen Lebensraum für Insekten, Vögel, Hasen, Rehe und Greifvögel.


von Insekten auf einem Ast "gemalt"

Das Highlight des Herbstes ist seit einigen Jahren der Apfelsaft aus eigener Ernte. NATUR PUR, man weiß was man trinkt. Der naturtrübe Apfelsaft enthält weder Geschmacks- noch andere "Giftstoffe". Das Limit bei der mobilen Saftpresse für Privatverbraucher liegt bei 400 Kilogramm. Das ergibt rund 280 Liter und damit etwa 56 mal Apfelsaft Bag-in-Box. - Wir haben den bekannten Spruch "an apple a day keeps the doctor away" abgeändert in "a Glaserl a day...".  Und ein "Saftfässle" ist auch immer ein gesundes Geschenk, bei Kindern besonders beliebt.


Erntezeit - 5 Liter Bag-in-Box


homemade: Apfelgelee aus Streuobstwiesensaft

Die Vorfahren wären mit uns zufrieden, wir haben das Erbe also in Besitz genommen. Der Stamm eines morschen Birnbaums wurde nicht entsorgt, auf dem damit selbst gebauten Feierabendbänkle unter dem Apfelbaum gönnen wir uns ab und zu eine Pause.





Freitag, 18. März 2016

GENPAS - Ahnenforschung durch Postkarten

Sie sind auf der Suche nach Adressen, Reiseberichten oder anderen persönlichen Informationen Ihrer Ahnen? Dann nutzen Sie die Möglichkeit zu Ahnenforschung mittels Postkarten auf genpas. Hier können Sie über die Suchfunktion transliterierte Postkarten finden oder in der Namensliste nach Ihren Vorfahren suchen. Lassen Sie sich Ihre Karten von der Community übersetzen oder machen Sie mit und helfen  anderen bei der Übersetzung. Alle Karten sind von vor 1930.


 
Gruss aus der Schillerstadt Marbach
 
 


Donnerstag, 17. März 2016

Peterskirche Murr - Glockenspende aus St. Louis

Der 1. Weltkrieg machte auch vor den Kirchen nicht Halt. Die Murrer durften auf Antrag die größte Glocke behalten: 'die große Glocke ist der Gemeinde besonders wert, und wir wären daher für ihre Befreiung von der Beschlagnahme durch Bestimmung zur Läuteglocke dankbar'. Das Königliche Oberamt hat dieser Bitte entsprochen. Die kleine und die mittlere Glocke wurden im Juli 1917 abgeliefert, aus Glocken wurden Kanonen .....

 
Peterskirche in Murr

Nach Kriegsende sollten neue Glocken beschafft werden. Aus Kostengründen entschieden sich die Murrer nur für die mittlere Glocke. Aber bald konnte die kleinere Glocke nachbestellt werden: 'durch Andeutungen ermuntert, richtete Pfarrer Kr. an nach Amerika ausgewanderte Verwandte der Familie J. die Bitte, im Gedenken an ihr Heimatdorf die Erfüllung des Wunsches nach einem vollständigen Geläute finanziell zu unterstützen. Der Bittbrief trägt das Datum 15. Jan 1921'. - Welcher Art diese Andeutungen waren ist nicht bekannt, vielleicht wurde der Gemeindepfarrer durch die Glockenspende für die benachbarte Kirche in Steinheim durch die nach Philadelphia ausgewanderte Familie Albrecht animiert.
Der Bittbrief hatte Erfolg, denn in St.Louis ging am 5. Febr. 1921 die Mitteilung ab, 'daß die Kirchengemeinde von Murr die beiden Kirchenglocken, die mit einem Kostenvoranschlag von 27.000 Mark berechnet sind, bestellen kann, da ich mich verbürge, daß das Geld binnen kurzer Zeit in Ihren Besitz gelangen wird'. - Im Spätherbst 1921 wurden die beiden Glocken feierlich eingeholt.

 
Turm der Peterskirche


Die mittlere Glocke B - 337 Kilogramm - trägt als Aufschrift:

Christian, Wilhelm u. August Jaudes
ihrem Geburtsort Murr zum Geschenk
Weihnachten 1921
Freude dieser Stadt bedeute - Friede sei ihr erst Geläute!
 
Die kleine Glocke D - 180 Kilogramm - trägt die Aufschrift:
 
Ehre sei Gott in der Höhe!
 
Am Christfest 1921 wurden sie im Festgottesdienst geweiht und wieder taten unsere Glocken ihren Dienst in Liebe zum Frieden. 20 Jahre lang .....
Schon im April 1940 mussten die Glocken wieder zur Abnahme gemeldet werden. Pfarrer R. bemühte sich in seiner Eingabe, die im 1.Weltkrieg zurückgestellte Glocke frei zu bekommen, da 'die zur Zurückstellung vorgesehene kleine Glocke für den 1,5 km langen Ort im Ton zu schwach ist'. - Dem Wunsch wurde nicht entsprochen. In einer Randbemerkung schreibt Pfarrer R. resigniert: 'Kleine bleibt'! Am 27. Januar 1942 wurde die große und mittlere Glocke abgenommen, wiederum wurden Glocken zu Kanonen .....
 
 
Eingang der Peterskirche
 
Fünf Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurden in der Glockengießerei Bachert in Heilbronn 2 Glocken bestellt. Der Glockensachverständige empfahl, die spätere Anschaffung einer 4. Glocke im Auge zu behalten. 'Der prächtige Kirchturm, der die ganze Gegend beherrscht, fordert ein einwandfrei disponiertes Vierer-Geläut, das seiner würdig ist'.
Es hat fast ein halbes Jahrhundert gedauert, bis die 4. Glocke in Auftrag gegeben wurde.  Durch eine großzügige Spende von Elise Pfuderer konnte das Vierer-Geläut endlich realisiert werden.

(Quelle: Geschichten vom Dorfbuchdoktor)

 
das alte Schulhaus gegenüber der Peterskirche
hier gingen die Brüder Jaudes zur Schule
 
Bei dieser Recherche stellte sich mir die Frage, ob es in St.Louis noch Nachfahren der spendablen Jaudes-Brüder gibt, die 1882 ausgewandert sind. Ja, es gibt in St.Louis heute noch Nachfahren von August Jaudes.  



Dienstag, 15. März 2016

Murr - Carl Pfuderer & Herzog Carl Eugen von Württemberg

Über den Amtmann Carl Pfuderer aus Murr, den Bruder meines 4-fachen Urgroßvaters Johann Wilhelm Pfuderer (1762 - 1802), gibt es hier schon einige Beiträge.

Carl Eugen von Württemberg (1728 - 1793)
Was hat jetzt aber Carl Eugen, der 12. Herzog von Württemberg mit dem Amtmann Carl Pfuderer zu tun? Das Taufregister von Murr sorgte für eine Überraschung. - Carl Eugen hat nicht nur am selben Tag Geburtstag, er ist auch der Ehrenpate von Carl Pfuderer. 
Im Taufregister aus dem Jahr 1765 ist unter der Rubrik "Gevattern" eingetragen:
'Zum Hohen Tauf Pathen wurde utgt. erbeten, Se. Herzogl. Durchlaucht, Karl Herzog zu Würtemberg exzel. und das aus der Ursach, weil dieser Sohn der siebte ist, welcher von dieser Frau, ohne ein Töchterlein dazwischen zu haben und zumahl an Serenißimus Ihrem Geburts-Tag gut gebohren worden'.
(Anm.: Serenissimus = Anrede eines regierenden Fürsten) 



Murr anno dazumal - Wetter & Mäuseplage

In den 1960ern stöberte ein Bürger unserer Gemeinde im Dorfarchiv und berichtete im wöchentlich erscheinenden Gemeindeblatt unter dem Pseudonym "Euer Dorfbuchdoktor" über Ereignisse aus den vergangenen Jahrhunderten.

1816, also vor genau 200 Jahren, gab es eine Mäuseplage: '1816 hat der Jahrgang so einen betrübten Anfang genommen, erstens so eine schreckliche Anzahl Feld Maus geben, das sie auf dem Feld alles Verfreßen haben und zu letzt das Samen Feld ganz durch bort und durch freßen und man glaubt hat, man werde von ihnen gar nicht los aber den Winder sind sie doch alle wegkommen. Es hat viel geschnien und recht gewindert.' - Mäsuejahre sind Trockenjahre, in solchen vermehren sie sich 'wie die Ratten'.
Er berichtet auch über das Hitzejahr 1822, das Gegenstück war die große Kälte des Winters 1827, wo das Thermometer am 18. Februar 22° Kälte anzeigte und am Lichtmeßtag (2. Februar) des Jahres 1830 fiel das Thermometer auf - 28 1/2°. Wassernot gab es in den Jahren 1824 und 1826. Extrem war das Hochwasser 1817, daß man gemeint hat 'die betrübte Sindflut komme'. Häufig waren schwere 'Donnerwetter' von Hagelschlag begleitet. Derjenige vom Jahr 1860 muß so stark und anhaltend gewesen sein, daß er auch im Jahre 1861 keinen Wein gab. Er wiederholte sich im Jahre 1862 und vernichtete die Traubenernte dieses und des nächsten Jahres. Das Unwetter des Jahres 1830 wurde durch übergroße Kälte, die dann bei Kältebruch am 6ten Februar zu einem großen Eisgang führte: 'daß man glaube, er nehme die Mühle weg. Auch in der Floß Brücke hat sich das Eis so gesteckt, daß man hat Männer an Sailen hinunder gelaßen hat und auch auf Feuer Leidern, um es loß zu hauen'.

(Anmerkung: der Text entspricht dem Beitrag des Dorfbuchdoktors im Gemeindeblatt aus dem Jahre 1968 und er entspricht nicht den gültigen Rechtschreibregeln.)

 
Landschaft (Nasses Wetter) von Richard Burnier - Ende 1870er


Diese extremen Wetterverhältnisse bescherten schlechte Ernten auf den Feldern und in den Weinbergen. Die Vorfahren im ländlichen Raum lebten fast ausschließlich von den eigenen Produkten. Oftmals, bedingt durch die Erbteilung, hatten sie wenig Äckerle und kleine Weinberge, bei Ernteausfällen musste die Familie hungern. - Vielen Familien blieb oft nur die Hoffnung, dass eine Auswanderung nach Nordamerika, Australien oder Russland ein besseres Leben ermöglichen wird.



Freitag, 11. März 2016

Steinheim - Kirchenbuch 1634 bis 1709

Ein Kirchenbuch ist ein wichtiges und seriöses "Werk" das von den Pfarrern zuverlässig geführt wurde. Hin und wieder findet man eine Seite die einen schmunzeln lässt. Im Kirchenbuch (Mischbuch) von Steinheim an der Murr hat sich der Pfarrer zu Beginn des Jahres 1650 ein klein wenig "ausgetobt", er konnte sicherlich nicht ahnen, dass 366 Jahre später seine "Smileys" um die Welt gehen.



anno 1650 war Friedrich Pfaff Pfarrer in Steinheim