"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Dienstag, 31. Januar 2017

Aus alt wird neu - Murr 1791 & 2017

Schon viel zu lange wartete das alte Haus von Amtmann Carl Pfuderer (1765 - 1845) an der Orstdurchfahrt in Murr auf einen Käufer. In den letzten Wochen "tat" sich aber etwas in und um das Haus herum.
Auf dem Kopfstein an der Hindenburgstraße steht die Jahreszahl 1817, deshalb ging ich davon aus, dass dieses Haus im Jahre 1817 gebaut wurde. Doch bei der heutigen Besichtigung sah ich über einem Seiteneingang einen weiteren Stein aus dem Jahre 1791. - Wegen einer uralten Säule soll das Haus unter Denkmalschutz stehen. Zum Glück gibt es den Denkmalschutz, denn sonst wäre auch dieses Haus, wie so viele alte Häuser zuvor, aus dem Ortsbild verschwunden.


Kopfstein an der Hindenburgstraße

angenommenes Baujahr 1791 - aber wer ist DL ?

denkmalgeschützte Holzsäulen links und rechts des Fensters


Fundamente wurden unterfangen und alte Holzdecken gestützt


unter mehreren Tapetenschichten kam diese Wandmalerei hervor


auch hier steckt unter der Tapetenschicht eine alte Bemalung



ob dieses alte Blumenmuster erhalten bleibt ?


so sieht es hinter dem Putz im Wohnzimmer aus


die Fensterläden werden ebenfalls restauriert

Noch kann man nicht erkennen was wo in den entstehenden Wohnungen sein wird, es sieht noch ganz "wild" auf der Baustelle aus aber bis Juli soll das Haus bezugsfertig sein. Ich wüsste nicht wo ich bei der Restaurierung zuerst anfangen soll, denn rundum besteht Renovierungsbedarf. "Wir schaffen uns von unten nach oben", so der Bauleiter. Ich werde den Baufortschritt verfolgen ...




Sonntag, 22. Januar 2017

Das Geheimnis der Heilerin - Historischer Roman

Meine 14-fache Urgroßmutter Susanna Daucher geb. Spitzmacher, auch als Adolfine von Augsburg bekannt, wurde 1528 aus der Stadt Augsburg gewiesen, weil sie den Wiedertäufern angehörte und gegen das Versammlungsverbot verstoßen hatte.
Fast 500 Jahre nach der Vertreibung aus der Stadt Augsburg "lebt" sie in dem historischen Roman Das Geheimnis der Heilerin weiter.


 
"Darum hat dieser Rat beschlossen, dass sie mit dem Brand auf ihren Backen bezeichnet werden sollte."
Schlagartig ging ein tiefes, zufriedenes Raunen durch die Menge. Susanna Daucher jedoch zuckte zusammen und senkte den Kopf.
"Da sie aber schwanger ist, wurde sie begnadigt, damit sie aus der Stadt geführt werde."
Es sah so aus, als wollte die Kraft Susanna Daucher verlassen; dieser elende Rest der ihr noch verblieben war. Man sah, wie sie sich wieder mühsam aufrichtete und noch einmal die Knie unter dem schweren Leib durchdrückte.
"Ihr Leben lang darf sie nicht mehr in dasselbe Gebiet kommen, auch nicht in einen Umkreis von sechs Meilen. Danach habe sich jedermann zu richten. Gegeben am 21. April anno 1528", endete der Stadtschreiber und rollte das Papier sorgsam wieder zusammen. Er ließ etwas Zeit verstreichen, dann gab er den Bütteln zu Füßen der Verurteilten ein Zeichen.
Susanna Daucher stand da wie erstarrt. Eisig war es in ihrem Inneren, eisig wie der Wind, der durch ihr löchriges Gewand und den Mantel blies, der auch nur noch ein Fetzen war. Die Stille über dem Rathausplatz hielt sich wie ein Netz, das alle verschlungen hatte. Die Stadtknechte stiegen zu der Verurteilten hinauf und lösten sie aus den Eisen. Erst schien es, als breche sie unter ihren Händen zusammen, aber dann raffte sie sich erneut auf und stieg zwischen ihnen mühsam und umständlich die grobe Leiter hinab, die wieder hingestellt worden war.
Im selben Moment hob das Verhöhnen wieder an. Schimpfworte wurden laut, Brüllen und ein bedrohliches Auffahren, als wollten die Leute in einer Welle über die Daucher kommen. Die Büttel beschleunigten ihre Schritte und rissen die Hochschwangere mit sich, während die vordersten Schergen den Weg mit ihren Hellebarden freistießen.
"Jetzt treiben sie die Daucher zur Stadt 'naus ... auf zum Gögginger Tor!", rief einer, und die Masse johlte ...
 
Aus der Huffington Post: "Dieser historische Roman lässt das Leben im Mittelalter vor dem Auge des Lesers auferstehen! Lebendige Bilder erscheinen vor seinem geistigen Auge - situationsangemessen mal farbenprächtig heiter, mal bedrückend düster, honorig sachlich oder grausam brutal".
 
 
 
Der Verruf (Urteil) ist Ausstellungsobjekt in der Lutherstiege.
 
 
 
 


Sonntag, 15. Januar 2017

Hungerstein in Marbach - 1817

Der Hungerstein am Marbacher Mühlweg erinnert an die Teuerung der Lebensmittel, die vor 200 Jahren nach dem zweitgrößten Hochwasser des Neckars ihren Höhepunkt erreichte. Die bereits schon astronomischen Getreidepreise stiegen auf nie zuvor erreichte Höhen an.
Am Ende der napoleonischen Kriege (1804 - 1815) war die Bevölkerung Württembergs verarmt. Hohe Steuerlasten und militärische Dienstleistungen hatten für eine schwierige wirtschaftliche Situation gesorgt. Durch die Verköstigung der vielen einquartierten Soldaten waren die Vorräte aufgebraucht. Hinzu kamen Missernten, besonders gravierend war das Jahr 1816 mit starker Kälte bis in den Frühsommer, starken Regenfällen und Hagelschlag. Da der Nahrungsbedarf damals zu 80 Prozent aus Getreide gedeckt wurde, traf die schlechte Getreideernte die Menschen besonders hart. Die Getreidepreise "explodierten", erbärmlicher Hunger bestimmte das Leben der Menschen.
Nach dem Hochwasser des Neckars am 28. Mai 1817 kostete ein Scheffel Hafer mit 25 Gulden zehnmal mehr als in den früheren Jahren. Die Stadt Marbach kaufte aus Russland und Polen eingeführtes Getreide auf, um die notleidende Bevölkerung zu unterstützen. Die Ernte fiel entgegen allen Befürchtungen sehr ergiebig aus. Ende September lag der Brotpreis wieder auf dem Niveau vom Frühjahr 1816.
Die Stifter des Hungersteins sind Werkmeister Christoph Heinrich Albrecht (1757 Mühlacker - 1834 Marbach) und seine Ehefrau Maria Elisabetha geb. Schempp (1760 Marbach - 1819 Marbach).

 

 
Hungerstein an der Stützmauer im Mühlweg

 

Merkmal stiftet
Werkmeister Christoph Heinrich Albrecht & Maria Elisabetha
Albrechtin - den 28ten May 1817
stieg der Nekerstrom hier auf bis an die Wand, darauf
fiel ein, eine grosse Theuerung im ganzen Land.
1 Scheffel Kernen 84 Gulden - 1 Simr Welschkorn, Bohnen 9 Gulden
1 Scheffel Korn, Ackerbohnen 64 Gulden - 1 Simr Erbsen, Linsen 6 Gulden
1 Scheffel Gersten 48 Gulden - 1 Simr Grundbiren 2 Gulden 48 Kreuzer
1 Scheffel Haber 25 Gulden - 1 Simr düren Zwetschen 15 Gulden
1 loth weck 1 Kreuzer - 1 Pfund brod 15 Kreuzer
 
 
Die Familie von Christoph Heinrich Albrecht stammt aus dem Raum Mühlacker. Zu meinen Vorfahren, der Marbacher Metzgers- und Gastwirtsfamilie Albrecht besteht keine familiäre Verbindung.  

 
 


Samstag, 14. Januar 2017

Stefan Strumbel - Holy Heimat & know your roots


Stefan Strumbel, Künstler aus dem badischen Landesteil meiner Heimat Baden-Württemberg, ist bekannt für seine bunten Kuckucksuhren.
Künstler zieht es hinaus in die Welt, an Plätze die gerade angesagt, also très chic, sind. - Auch Stefan Strumbel ist mit seinen Kunstwerken in den Metropolen unterwegs, aber er kommt immer wieder in seine Heimat zurück. Er möchte sonst nirgendwo dauerhaft leben als in seiner Heimat, dem Badner Land.
Seine Liebe zur Heimat kommt in seinen Kunstwerken zum Ausdruck: Kuckucksuhren, bemalte Nonnenkoffer, überdimensionale Tannenzapfen vor der Rothausbrauerei, das große kantige "Kalte Herz" aus Corten-Stahl in Göppingen, schrille Kruzifixe oder Schwarzwaldmädel mit dem weltbekannten Bollenhut.... Holy Heimat.
Ob Strumbels Werke nun Aufforderungen sind, die Heimat zu wahren und zu schützen oder ein Versuch sind, mit der romantisch-naiven Vorstellung von Heimat aufzuräumen oder einfach einen ironischen neuen Blickwinkel auf das Thema bieten will, bleibt letztendlich offen und hängt von den Assoziationen des Betrachters ab. Das Thema Heimat ist schließlich niemandem fremd und eine Auseinandersetzung mit Holy Heimat ist somit in jedem Fall lohnenswert.
 
 
 
was zum Teufel ist Heimat ...

 

 know your roots ...
 
Dieses Strumbelsche Werk, moderne Leuchtschrift auf einer Baumscheibe einer alten Schwarzwaldtanne, motiviert auch im neuen Jahr nach weiteren Wurzeln zu suchen. Es wird nicht einfacher werden, aber dafür die Suche um so interessanter. In den Städten Schwäbisch Hall, Ulm, Augsburg, Blaubeuren, Straßburg, auf der Festung Hohentwiel und in dem Schwarzwalddorf Rotfelden gibt es Bauwerke, Kunstwerke und weitere Spuren meiner Vorfahren zu entdecken.
 
 
Liebe - Glück - Heimat loves you
Strumbel-Kunst auf Koffern aus einem Nonnenkloster im Schwarzwald