"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Samstag, 22. Februar 2020

Deutsches Rotes Kreuz - Vermisstenbildlisten Online

Meine Reise nach Belarus rückt immer näher. Mit Militärkarten vom Sommer 1944 suche ich auf einer aktuellen Landkarte von Belarus nach den Dörfern nahe der damaligen Front. Auf den Militärkarten ist der Standort der 129. Infanterie-Division eingezeichnet, der mein Großvater angehörte. Die 129. ID gehörte der 9. Armee an, die der Heeresgruppe Mitte unterstellt war. Anhand von Online-Kriegstagebüchern, dem Standort der militärischen Einheit und dem Datum seit er vermisst ist, lässt sich so in etwa lokalisieren wo er im Alter von 29 Jahren gefallen ist. Auf einer topographischen Landkarte aus dem Jahr 1941 finde ich den Vermisstenort Korma, etwa 65 Kilometer südlich von Bobruisk und westlich der Landstraße die von Bobruisk über Paritschi nach Mazyr führt (heute P31). Korma liegt in einem von Sümpfen durchzogenen Waldgebiet und war umgeben von einzelnen Gehöften, auch stand dort einst eine Windmühle.



topographische Landkarte 1941 "Sonderausgabe" - nur für den Dienstgebrauch



Memorial Operatsiya Bagration
erinnert an die verheerende Schlacht im Sommer 1944 in Weißrussland

Der einzige noch vorhandene Feldpostbrief meines Opas vom Brückenstützpunkt "Erlkönig",  irgendwo im Osten, ist jetzt endlich "übersetzt." Er schrieb, dass unter den Zivilisten das Gerücht von Stalins Tod umgeht und das wäre ja kein Fehler.... 


Die Vermisstenbildliste des Deutschen Roten Kreuzes (DRK)  aus dem Jahr 1958 ist seit fünf Jahren 

online. Mit der Suche per Feldpostnummer habe ich meinen Großvater in dieser Liste gefunden. Zu meiner Freude mit Bild, denn von 1.400.000 Vermissten gab es nur für 900.000 Personen ein Bild.

Ende der 1950er Jahre sind diese Listen entstanden. Der DRK-Suchdienst bat seinerzeit alle bei ihm registrierten Suchenden um die Einsendung von Fotos ihrer vermissten Angehörigen. Die Fotos mit den Namen wurden nach Truppeneinheiten geordnet, zu Bildlisten zusammengestellt und ab Dezember 1957 gedruckt. Der komplette Satz aller Bildlisten war im Oktober 1958 fertig. Er bestand am Ende aus 225 Bänden mit über 125 000 Seiten. In 199 Bänden waren die Wehrmachtsvermissten, in 26 Bänden die Zivilverschollenen erfasst.

Nach mehrjähriger Digitalisierung stehen die Vermisstenbildlisten zu verschollenen Wehrmachtsangehörigen des Zweiten Weltkriegs online zur Verfügung.

Diese Listen dokumentieren die Folgen eines Weltkrieges, der wie kein anderer zuvor Opfer unter Soldaten und der Zivilbevölkerung forderte.

Bei der Befragung zurückkehrender Wehrmachtsangehöriger stellte sich bald heraus, dass sie sich an die Gesichter gefallener, gefangengenommener oder in Kriegsgefangenschaft verstorbener Kameraden vielfach besser erinnerten, als an deren Namen. Der DRK-Suchdienst druckte daher Bildlisten, die er den Landes-, Kreis- und Ortsverbänden des Deutschen Roten Kreuzes zur Verfügung stellte. Es wurde u. a. ein spezieller Befragungsdienst mit Bussen eingerichtet, der gemeinsam mit anderen Stellen bis 1964 ca. 2,65 Millionen Heimkehrer befragte und daraus 241.000 schicksalsklärende Aussagen gewann. Demnach waren von den noch vermissten Soldaten 27.031 mit Sicherheit gefallen, 67.384 vermutlich gefallen und 33.843 in Gefangenschaft geraten.
Mitte der 1970er Jahre wurden die Vermisstenbildlisten des DRK-Suchdienstes mit dem Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Fotografie gewürdigt. Für viele Familienangehörige sind sie ein Gedenkbuch. Militärhistorisch Interessierten bieten sie Hinweise auf die Verluste von Einheiten und kaum mehr anderswo auffindbare Hinweise auf deren Unterstellungen und Truppenanschriften.




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