Mit Dank wurde diese Nachricht zur Warnung genommen. Und so wandte sich der ganze Zug der Flüchtlinge, mit Ausnahme weniger, die einzeln anders wohin sich zerstreuten, fast die gesamte Gemeinde über Backnang in das Hällische Gebiet. Ein trauriger Anblick, jammernde Weiber, weinende Kinder, auf Wagen Kranke und gebrechliche Greise. Der 77-jährige, am Podagra (Gicht) leidende Pfarrer Pfaff mit seiner Gattin, der so viele Drangsale des 30-jährigen Krieges durchgemacht, verließ auch jetzt seine Gemeinde nicht. Auf einem Wagen mit wenigem Geräthe zog er mit dem Haufen der Fliehenden und hinter sich sah er das von ihm zu einem Ruhesitz seines Alters erbaute eigne Haus in Flammen auflodern, und verloren war mit allem Hausgeräthe seine sorgfältig gesammelte Bibliothek und zahlreiche Manuscripte vieljähriger, literarischer Thätigkeit. Sein Sohn, der junge Pfarrer Gottfried Pfaff zog mit zu Fuß, zu Fuß mit ihm seine Gattin eine 14-tägige Wöchnerin, das neugeborene Kind selbst tragend, während der Vater zwei Knaben an den Händen führte und das dritte Knäbchen, ein 4-jähriges Kind, den größten Teil des Wegs auf den Schultern trug.
Das jüngste Kind erkrankte und starb im Forsthause Rietenau. Aber der Schrecken feindlicher Ankunft, der die Flüchtlinge schnell weiter trieb, nöthigte die Eltern schon 4 Stunden später nach dem Tode das Kind in dem Rietenauer Walde zu begraben. Ja sogar von der Beerdigung weg mußten sie fliehen und eine angstvolle Nacht im Walde zubringen.
"Der Marodeur soll ein Steinheimer gewesen seyn", sagte der alte Pfaff in der dieß enthaltende handschriftlichen Nachricht. "Er wollte aber nicht genannt seyn und ritt, als er erkannt zu werden glaubte, nachdem er dem Wirth einen harten Thaler in die Hand drückte, was sonst die Herrn Franzosen nicht zu thun pflegen, auf und davon."
(Quelle: Geschichte und Topographie des Marktfleckens und ehemaligen Frauenklosters Steinheim an der Murr von M.F.A. Scholl, Pfarrer zu Steinheim - Druck 1826 / die Schreibweise entspricht nicht der gültigen deutschen Rechtschreibung)
Auf dem Felsen 1
Wer immer die Franzosen verraten und die Steinheimer vor der Flucht hinter die Stadtmauern der Oberamtsstadt Marbach gewarnt hat, wird ein ewiges Rätsel bleiben. Bis auf das Haus "Auf dem Felsen 1" der Familie Fuchs (meine Vorfahren) brannten beim Marbacher Stadtbrand alle innerhalb der Stadtmauer gelegenen Wohnhäuser und Scheunen ab.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen