"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Donnerstag, 26. Mai 2016

Winzilhusen - Wintzelhausen - Winzerhausen

Winzerhausen wurde 1247 erstmals als Winzilhusen erwähnt. 1726 erhielt Freiherr Johann Heinrich von Schütz den Ort von Herzog Eberhard Ludwig als Mannlehen (Mannlehen kann nur an einen wehrfähigen Mann, das heißt im Mannesstamm, vererbt werden). Auf die Familie Schütz geht der Ausbau des Ortes zu einem freiherrlichen Gut zurück. 1728 wurde das Schlössle als Herrensitz errichtet, 1730 die Kelter. Das Dorf zählte damals 700 Einwohner.
 
 
Winzerhausen anno 1685 - Forstlagerbuch Andreas Kieser
 
Der letzte Patronatsherr hieß Baron Adam Ludwig Heinrich von Schütz. Er lebte im Schlössle, hatte fünf Ehefrauen, die ihm alle im Kindbett wegstarben, nachdem sie insgesamt 23 Kinder zur Welt gebracht hatten. Nur sechs Kinder überlebten. Baron 'Louis' starb mit 78 Jahren 1830 in Winzerhausen und wurde dort beerdigt. - Bei der Suche nach meinem Vorfahren Hans Leonhardt Rau (1688 - 1733 Winzerhausen) fand ich im Familienregister von Winzerhausen den Eintrag von Baron 'Louis' und seinen 5 Ehefrauen.
 
Die Eltern von Baron Adam Ludwig Heinrich von Schütz (1752 - 1830), ehemaliger Grundherr in Winzerhausen und gewesener Kammerherr, sind Friedrich Heinrich Freiherr von Schütz, Herr zu Winzerhausen, Hohenstein und Pflummern und Charlotte Freiin von Vitzthum.
Seine erste Ehefrau Carolina Ernestina Charlotta Freyin von Varnbühler starb mit 28 Jahren. Julia Freyin von Zigesar wurde nur 33 Jahre alt. Die dritte Ehefrau Luisa Friederike Rath, deren Vater Bedienter bei Sr. Churfürstlichen Durchlaucht von Württemberg gewesen ist, starb 1804 nach sechsmonatiger Ehe wenige Tage nach der Geburt ihres ersten Kindes, das drei Tage später der Mutter in den Tod folgte. Die vierte und die fünfte Ehefrau waren Schwestern, Augusta Johanna Rosina Brauch und Charlotte Wilhelmine Heinrike Brauch, sie starben ebenfalls in jungen Jahren.
 
 

The Wall - N° 2

Was sind eigentlich Erzgroßeltern und wie viel Vorfahren sind in der Generation Erzgroßeltern? Es sind 1.048.576 Personen. Etwas einfacher, Erzgroßeltern sind die 18-fachen Urgroßeltern. Einschließlich dieser "Achtzehnfachen" hat man 2.097.150 Vorfahren.
Stand heute besteht mein Stammbaum aus genau 1.300 Vorfahren, ganz schön wenig im Bezug auf die Zahl 2.097.150 aber ganz schön viel wenn diese 1.300 Vorfahren an die Wall "gehängt" werden sollen. Das heißt u.a. eintausenddreihundert Kärtchen schreiben & zweitausendsechshundert Nadeln einkaufen.
Der einzigste und damit der älteste Vorfahre aus der Generation Erzgroßeltern hängt schon zur Probe an der Wall, obwohl sie noch nicht ganz fertig ist und auch noch mit altem Leinen bespannt werden muss.


Bis Sytz Banzhaf aus Türkheim seinen endgültigen Platz auf der Wall gefunden hat gibt's noch viel zu tun !!! Denn vor ihm kommen noch, einschließlich meinem Kärtchen, 1.300 Kärtchen an die Wall.
 


 


Montag, 23. Mai 2016

Etterhof Hemmingen - Ausstellung 1. Weltkrieg

Auf dem Stuttgarter Flohmarkt lernte ich gestern einen Schüler kennen, er ist der Initiator einer Ausstellung über den 1. Weltkrieg und er war in Stuttgart auf der Suche nach weiteren Fundstücken für seine Ausstellung. Die Ausstellung in Hemmingen ist sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Am Anfang war ein Urlaub in Frankreich. Auf dem Rückweg aus Paris hielt die Familie Maisch in Verdun, wo vor fast genau 100 Jahren eine der verheerendsten Schlachten des Ersten Weltkriegs tobte. Steffen Maisch, damals noch ein Kind, war fasziniert, vor allem, weil zuhause ein Bild seines Urgroßvaters hing, der im Krieg gekämpft hatte. „Ich wusste fast nichts über ihn“, erzählt der 17-jäh­rige Berufsschüler – es war der Beginn einer fast schon detektivischen Arbeit, die ihren vorläufigen Höhepunkt in einer Ausstellung im Hemminger Etterhof findet, die sich um den Ersten Weltkrieg dreht.  ----> weiterlesen

Hier geht es zum Etterhof mit der Ausstellung 'Hemmingen und der Erste Weltkrieg' ----> weiterlesen


 
Ausstellungseröffnung im Etterhof Hemmingen



Sonntag, 22. Mai 2016

Josias Spohn - Untervogt in Marbach von 1608 bis 1638

 
Wappen über dem Eingang der ehemaligen Vogtei
Strohgasse 5 in Marbach
 
Josias Spohn (Spon, Spoun) war von 1608 bis 1638 Untervogt in Marbach am Neckar. Sein Dienst- und Wohngebäude war der Hof der Pflege Erdmannhausen des Klosters Murrhardt (heute Strohgasse 5) mit Scheune und Hofplatz. Der Marbacher Untervogt war mein Vorfahre. Ihn findet man sogar sechs mal in meinem Stammbaum, vier mal als 10-facher Urgroßvater und zwei mal als 11-facher Urgroßvater. Josias ist 1573 in Heidenheim geboren.
Im Buch Geschichte der Stadt Marbach am Neckar Band 1 wird er mehrmals erwähnt. Als Untervogt war er auch Landtagsmitglied und Rechner im Kloster Steinheim. Einige Jahre war er auch Eigentümer seines Dienst- und Wohngebäudes, 1622 kaufte er das Anwesen für 3.000 fl (Gulden). Das solide gebaute Haus hatte zwei Weinkeller, die etwa 40 Fuder Wein fassten, das entspricht ca. 32.000 Liter Wein.
Die medizinische Versorgung in der Stadt übernahm im Regelfall ein lokaler Barbier oder Chirurg und in schwierigen Fällen der Stadt- oder Amtsphysicus. Besondere Angst hatte man vor ansteckenden Seuchen wie der Pest. Über eine der Stecher genannte Krankheit in Marbach berichtete Vogt Spohn im Februar 1625 nach Stuttgart und meldete, dass innerhalb von 14 Tagen drei Personen gestorben seien, nämlich seine Schwiegereltern Bürgermeister Melchior Trautwein und dessen Frau sowie Spezial M. Johann Jäger.
Im Staatsarchiv lagert ein Reskript (Antwortschreiben) vom 25. Juni 1621 Herzog Johann Friedrichs von Württemberg an Josias Spohn, Untervogt zu Marbach, mit Anweisung, der Bitte einiger Untertanen von Benningen um Straferlass zu entsprechen.
Spohns Tochter Dorothea war mit dem Großbottwarer Apotheker Johann Ludwig Andreä, Sohn eines Pfarrers, verheiratet.  
 
 


Dienstag, 17. Mai 2016

DA PACEM NOBIS DOMINE - 1704 - Gib uns Frieden Herr

Nach dem Westfälischen Frieden 1648 erholt sich die Stadt Ulm nur langsam wieder. Allerdings ist die Zeit der Erholung nicht von langer Dauer. Im Spanischen Erbfolgekrieg besetzen bayerische Truppen die Stadt. Als sie abziehen, kommen französische Einheiten als Ersatz. Der Oberbefehlshaber der Franzosen stellt den Ulmern am 10. April 1704 ein Ultimatum: Ulm soll eine Kontributionszahlung von 265.106 Gulden leisten. Nachdem der Stadtrat nach einer Woche Beratung den Franzosen mitteilt, dass man diese Summe nicht aufbringen könne, erhöhen die Franzosen die Summe auf knapp über 415.000 Gulden. Die Franzosen drohen mit schwerwiegenden Konsequenzen - und so beginnt man mit einer Sammlung in der Bevölkerung. Schmuck und Silbergeschirr werden eingeschmolzen. Da es der Stadt nicht erlaubt ist, Taler-Münzen zu prägen, entscheidet man sich dafür, Gulden-Münzen auf viereckigen Silberplättchen (Klippen) zu prägen. Die Inschriften sprechen eine deutliche Sprache:


MONETA ARGENT REI P(ublicae) ULMENSIS = Silbergeld der Reichsstadt Ulm
 in der Mitte befindet sich das Ulmer Stadtwappen in einer Kartusche

DA PACEM NOBIS DOMINE 1704 = Gib uns Frieden, Herr - 1704
 in der Mitte befindet sich der Reichsadler

Von diesem Schlag hat sich die Reichsstadt Ulm nie wieder erholt. 1770 ist Ulm sogar bankrott. Als Ulm 1802 zum Herzogtum Bayern dazugeschlagen wird, erkennt man auch in München, dass die Stadt nur noch ein großer Schuldenberg ist. Im Rahmen eines Gebietsaustausches wird Ulm deshalb 1810 an das Königreich Württemberg abgegeben.

Heute blätterte ich in der Zeitschrift 'Münzenmarkt' und mein Blick fiel auf den Artikel 'Aus purer Not geboren', abgebildet waren quadratische Notmünzen aus Straßburg aus dem Jahr 1592.
In einer Gruschtelkiste fand ich vor Jahren eine quadratische Münze mit Wappen, ich hab diese Münze aufbewahrt, weil sie diese ungewöhnliche Form hatte. - Jetzt, wo ist diese Münze? Sie war noch da, wieder in einem Gruschtelkästchen. Es ist eine dieser 'Ulmer Guldenklippen' aus dem Jahr 1704. Je nach Zustand wird diese Belagerungsmünze bei Münzhändlern zwischen 240 und 450 Euro angeboten. Eigentlich viel zu wertvoll um die Klippe wieder in das Gruschtelkästchen zurückzulegen!




Schulpflicht

Georg Christoph Heintzelmann (*1688 Steinheim), Enkel meines 9-fachen Urgroßvaters und Steinheimer Schultheißen Christoph Heintzelmann, ist am 10. August 1751 in Oberstenfeld verstorben. Laut Totenregister war Georg Christoph "Anwald, Bürgermeister, Wayßenrichter und Zunftmeister der Zieglerhandwerker" in Oberstenfeld. - Einer der wenigen Bürger also die damals lesen und schreiben konnten. Dabei ergibt sich die Frage wie stand es damals überhaupt mit dem Schulbesuch, der Schulpflicht und deren Umsetzung?

In der Reformation wurde die Forderung laut, allgemeine Schulen für Jungen und Mädchen einzurichten. Diese Forderung fand naturgemäß in den protestantischen Landesteilen Gehör, also in den meist evangelischen Reichsstädten und in den lutherischen Fürstentümern.
Besonders im Südwesten des Reiches war man, unter der Federführung der bedeutenden evangelischen Reichsstadt Straßburg, die bis zur Eroberung durch Frankreich (1681) zum Reich gehörte, besonders weit voraus. Unter Straßburger Einfluss führte das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken 1592 als erstes Territorium der Welt die allgemeine Schulpflicht für Mädchen und Knaben ein. Gesetzliche Bestimmungen zur Schulpflicht wurden dann in vielen protestantischen Fürstentümern eingeführt und finden sich in fast allen evangelischen Kirchenordnungen der Zeit. In Württemberg wurde bereits in der großen Kirchenordnung von 1559 eine Schulpflicht festgelegt. Diese betraf allerdings nur den männlichen Teil der Bevölkerung. Die allgemeine Schulpflicht wurde erst 1649 eingeführt.

 
Schulmuseum Worms-Pfeddersheim


In der Zeit der Aufklärung wurde die Entwicklung beschleunigt. In den katholisch gebliebenen Landesteilen Deutschlands verlief die Durchsetzung dieser Forderungen äußerst zäh. Obwohl im Kurfürstentum Bayern die allgemeine Schulpflicht 1771 verordnet wurde, konnte erst 1802 eine sechsjährige gesetzliche Unterrichtspflicht durchgesetzt werden.
Besonders in der Landbevölkerung stieß die Schulpflicht zunächst auf Widerstand. Die in kleinbäuerlichen Betrieben notwendige Arbeitskraft der Kinder wurde erheblich wichtiger als deren Schulbildung angesehen. So kam es z. B. in der Eifel mehrmals zu heftigen Protesten der Landbevölkerung gegen den Schulbesuch der Kinder.
Der Staat konnte bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts die gesetzlich geforderte Schulpflicht gar nicht durchsetzen, die Schulpflichtgesetze waren eher Absichtserklärungen. Der Staat verfügte auch nicht über ein flächendeckendes Schulsystem, das allen potentiellen Schülern einen ordnungsgemäßen Schulbesuch ermöglicht hätte. Es fehlten Schulgebäude, Lehrer und vor allem eine staatliche Kultusbürokratie.
Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde systematisch daran gearbeitet, schrittweise bessere Voraussetzungen zu schaffen. Seit 1919 schrieb die Weimarer Verfassung die allgemeine Schulpflich für ganz Deutschland fest, von 1938 bis 1945 galt das Reichsschulpflichtgesetz. Mit der Einführung des Grundgesetzes ging es in die Landesgesetzgebung über.

Wie stand es um die Qualifikation der Lehrer? Im Alter von 17 Jahren begann Hieronymus Bärlin in Steinheim den Dienst als Schulmeister, Mesner und Organist. Er übte diese Ämter 48 Jahre lang aus, war anschließend noch 3 Jahre Schultheiß in Steinheim. Mit 17 Jahren bereits Lehrer? Heute unvorstellbar! - Hieronymus ist der Sohn meiner 6-fachen Urgroßeltern Philipp Ludwig Bärlin und Anna Margaretha Vöckhelin.
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Samstag, 14. Mai 2016

Ulrich Trautwein Vaihinger von Schönthal

Ein offensichtlich kluger, geschäftstüchtiger und windiger Geselle scheint Trautwein Vaihinger von Schönthal gewesen zu sein. Sein Name taucht immer wieder auf im Landesarchiv, in den Oberamtbeschreibungen und jetzt auch in einem Trautwein-Stammbaum. Laut diesem Online-Stammbaum soll der Stadtschreiber zu Bottwar (Großbottwar) der Großvater meines Vorfahren Hans Trautwein (1560 - 1634) gewesen sein. Bekannt ist sein Geburtsdatum nicht und weitere bekannte Daten passen nicht ganz, eventuell ist noch eine Person dazwischen oder er ist halt nicht mein Vorfahre.
Bei der Suche nach dem heute nicht mehr existierenden Hetzelhof meiner Vorfahren Schuster, stieß ich bereits auf Trautwein Vaihinger, der 1524 den benachbarten Warthof erworben hatte. Am 8. Mai 1508 wurde der Fürstenhof (Großaspach) von Herzog Ulrich dem Kanzleischreiber Trautwein Vaihinger zum Lehen gegeben. Vom Stift Backnang erwarb der damalige Amtmann 1516 einen Hof in Unter-Schönthal (Backnang) um eine Jahresgült (Jahrespacht) von 3 Pfund 7 Schilling und 8 Heller.

 
Forstlagerbuch Andreas Kieser - Unter-Schönthal anno 1686
 
Besondere Dienste um die Floßbarmachung der Murr, der Lauter und andere Zuflüsse erwarb sich der Vogt zu Bottwar, Trautwein Vaihinger zu Schönthal, der auch am 6. April 1517 für sein Floßwesen den Freiheitsbrief von Herzog Ulrich erhielt.
Nach der Zerstörung des Warthofs im Jahr 1525 wohnte Trautwein Vaihinger in seinem Bottwarer Haus und klagte von dort aus noch 1533 vergebens auf Schadenersatz gegen die vermeintlichen Übeltäter, die den Warthof plünderten und in Brand steckten. Nach dem Vaihinger sich dann vor Herzog Ulrich "wegen Untreue und Überschuldung" verantworten sollte, setzte er sich ins Ausland ab.
 
 
 
Vogthaus in Großottwar, Vogtgasse 7

 
Im Gebäude Nr. 7 kann man gut den ehemaligen Bauernhof erkennen. Es wurde also nicht ein besonderer Verwaltungs- und Repräsentationsbau für den Vogt errichtet. Indes zeugen der Rundbogen-Kellereingang, die klassizistische Türrahmung und die ovalen "Spione" davon, dass der Amtssitz viele dekorative Umbauten erfuhr.
 
 

Freitag, 13. Mai 2016

The Wall - N° 1

Bei mehr als 1.000 namentlich bekannten Vorfahren verliert man irgendwann den Überblick. Durch einen Umzug innerhalb des Hauses wurde eine breite und bis zum Dachgiebel gehende Wand frei. Diese Wand ist wie geschaffen für eine Ahnentafel. Zählen, rechnen und messen ergab eine benötigte Fläche von 3 Meter Höhe und 2 Meter Breite. - Es gibt viel zu tun, ein langes Wochenende steht vor der Tür.... also packen wir's an.
Das Holz ist bereits passend gesägt, ob die Fläche wohl reicht? Schon jetzt kommen mir Zweifel. Beim Brezelkauf in einer Steinheimer Bäckerei erfuhr ich heute ganz unerwartet, dass die Linie der Familie Trautwein bis "elfhundertnochwas" geht. Und ich bin bisher bei Caspar Trautwein, geboren um 1530.

Die 'never ending' Suche nach den Ahnen geht also weiter .... ich bin gespannt wo diese Vorfahren geboren sind und was sonst noch von ihnen bekannt ist.


Frankreich - 13. Mai 1918 morgens um halb elf in Brimont

Heute vor 98 Jahren um 10.30 Uhr wurde mein Urgroßvater Gottlob Albrecht in Brimont (nördlich von Reims) am rechten Unterschenkel von einem Granatsplitter getroffen. Bis auf einen kurzen Stumpf musste das Bein amputiert werden. Ab 2. Juni 1918 war mein Urgroßvater im Lazarett Aschersleben (Sachsen-Anhalt), am 12. Dezember 1918 wurde er nach Hause entlassen.
 
Das ihm verliehene Verwundetenabzeichen in schwarz war sicherlich kein Trost, so wenig wie das zuvor verliehene Eiserne Kreuz II. Klasse (EK II). Während ich hier schreibe, stelle ich mir die Frage, wie viel Verwundetenabzeichen im 1.Weltkrieg wohl verliehen wurden?!
 
Laut seinen Enkeln hat er nie über den Krieg gesprochen, sie wissen auch nichts über die erfolgten Auszeichnungen. Sie wissen nur wie ihn der noch verbliebene Stumpf in der Beinprothese schmerzte, ganz besonders im Sommer nach einem langen Arbeitstag.
 
Zwei Verwandte, Karl (19 Jahre) und Heinrich (23 Jahre), werden seit November 1916 bei Sailly Saillisel und seit August 1918 bei Ville sur Ancre vermisst.  
 
Die Republik Frankreich lädt in Zusammenarbeit mit dem Volksbund am 29.Mai 2016 nach Verdun zu einer gemeinsamen Gedenkstunde am Mémorial de Fleury und dem Gebeinhaus ein.
 
 
 
Neben mir liegt gerade seine Taschenuhr mit der Gravur 'G. Albrecht Steinheim a/M' im Innendeckel samt der Uhrkette aus den Haaren meiner Urgroßmutter Luise Friederike Müller. - Ob mein Großvater seine Taschenuhr in seiner Uniform hatte als er im Sommer 1917 in den "Grande Guerre" nach Frankreich zog?
 
 

Mittwoch, 11. Mai 2016

Omas reizende Nachtwäsche

Um 1500 breitete sich das Nachthemd von Italien über ganz Europa aus. Aus Leinen gefertigt, war das Nachthemd ein schmuckloses, knielanges, kragenloses und mit Halsschlitz und Knopfleiste ausgestattetes Unisex-Gewand. Die Nachthemden der Damen waren länger geschnitten als die der Männer.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts hatte das Nachthemd als reine Funktionskleidung für die Dame ausgedient. Mit dem Auftauchen der Chemiefaser und der avantgardistischen Mode entwickelte sich in den 20er Jahren das Damennachthemd aus Kunstseide zu einem erotischen Kleidungsstück mit dekorativen Spitzen, zarten Farben und einer weichen fließenden Schnittführung. Bis diese modernen Nachthemden den ländlichen Raum eroberten vergingen noch etliche Jahre.

Diese weißen Leinennachthemden wurden von den jungen Mädchen oft selbst angefertigt. Die Nähte wurden mit kleinen Stichen von Hand genäht. Knopflöcher wurden geschnitten und umnäht, die Knöpfe dazu sind aus Schildpatt. Besonders schöne Hemden sind mit Hohlsäumen versehen und mit gehäkelten Armelrändern verziert.


handgefertigte Nähte


der einzigste Farbtupfer sind die Kreuzstich-Initialen 'B P' 


gehäkelte Ärmelränder


genähtes Knopfloch mit Schildpattknopf

Auf der Suche im Keller nach einem großen alten Leinenstoff kramte ich Omas Wäschekiste hervor. Rohleinen, Bettwäsche, Tischtücher, Servietten und diese weißen Nachthemden schlummern in der alten Wäschekiste. Diese Hemden sind knapp 100 Jahre alt und wurden von meiner Oma Berta P. genäht. - Ich fand den passenden Leinenstoff für ein Megaprojekt. Die "Wall" ist in Planung und Omas Leinen gehört dazu




Donnerstag, 5. Mai 2016

Zeitzeugen - 2.Weltkrieg

Sie werden von Jahr zu Jahr weniger, die Zeitzeugen des 2.Weltkriegs. Meine Eltern waren zu jung, den Krieg aktiv erleben zu müssen, mein Großvater Rudolf wird seit dem 25. Juni 1944 in Russland vermisst und Karl, der andere Großvater, war beim Nachschub im Osten. Als ich 9 Jahre alt war ist er verstorben, erinnern kann ich mich nur, dass er von Pferdefuhrwerken in der Hohen Tatra erzählte. Kürzlich tauchten ein paar ausgebleichte Fotos auf, der Opa in Uniform, irgendwo in Russland.

Dass SS-Soldaten mit ihrer Blutgruppe tätowiert wurden wusste ich vom Hörensagen. Aber gesehen habe ich eine Blutgruppentätowierung noch nie, hat mich auch bisher nicht weiter interessiert.
Ich wusste nur, dass der fast Neunzigjährige, der mir heute seine Blutgruppentätowierung zeigte, den verheerenden Luftangriff der Briten am 4. Dezember 1944 auf die Stadt Heilbronn erlebt hat. In dieser Nacht war er zu Besuch bei Verwandten im Heilbronner Süden.
Er spricht nicht viel über seine Erlebnisse, ist auch sonst eher verschlossen. Ich sprach ihn auf seine Soldatenzeit an, vor Jahren schon, er sagte aber nichts über sich, nur, dass sein Bruder vermisst wäre. "Damals kam ein Brief, mehr haben wir nie erfahren...." - Ich fand etwas konkretere Angaben dazu, gab ihm die Infos, die ich bei der Onlinesuche auf der Webseite des Volksbundes fand. Das hat ihn berührt, er hatte Tränen in den Augen und dann wurde er redselig. Erzählte, dass er den Fliegerangriff und den folgenden grausamen Morgen in Heilbronn erlebt hat, als 17-Jähriger.
Er konnte trotz den Kriegswirren bei einem Onkel eine Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker machen. Ende Januar 1945 wurde er 18 Jahre alt. Er wurde zum Kriegsdienst einberufen, kam zu einer SS-Einheit, hat dort die liegengebliebenen Fahrzeuge repariert. Wenige Wochen im Kriegsdienst hatten eine 13 Monate lange Kriegsgefangenschaft zur Folge.
"Kam man in Gefangenschaft, wurde zuerst der linke Arm inspiziert, die Blutgruppentätowierung verriet die Spezialeinheit", erzählte er mir vor wenigen Tagen, als er mir seine Tätowierung "0" auf der Unterseite des linken Oberarms ganz spontan zeigte. "Ich zeige das sonst niemanden, aber ich freue mich so sehr, dass sie mich im Pflegeheim besuchen", und es schimmerten wieder Tränen in seinen Augen. - Ich hatte offensichtlich sein Vertrauen erworben.
Es werden weitere Besuche folgen und hoffentlich auch weitere Gespräche über die Vergangenheit, denn er ist nur körperlich eingeschränkt. Und vermutlich ist es für mich die letzte Möglichkeit mit einem Zeitzeugen der SS zu reden.
Man erlebt das immer wieder, dass Menschen bestimmte Dinge in ihrem Leben verschweigen oder gar verdrängen. Gegen Ende ihres Lebens haben Sie dann doch das Bedürfnis, bisher Unausgesprochenes loszuwerden und es nicht mit ins Grab zu nehmen.


Statistik

Von meinen 1.244 bisher bekannten Vorfahren sind 44% weiblich und 56% männlich. In Steinheim sind 19% der Vorfahren geboren, aus Sindelfingen stammen 11% und aus Murr sind es 8%. Laut Berufsstatistik waren 18% Bauern, 11% Weingärtner, 6% Metzger, 4% Weber und 2% Schuhmacher. 


Bei den Vornamen führen Johann und Hans mit 14% (diese beiden Namensgruppen gehören zusammen, da ein getaufter Johann später oft nur Hans genannt wurde), gefolgt von der Anna mit 8% und der Maria mit 6%.


 
Von 10% der Vorfahren sind keine Nachnamen bekannt, meist sind das die weiblichen Vorfahren. Welchen Geburtsnamen die Frauen hatten war früher nicht so wichtig. Bei den Eltern steht z.B. "Anna, eheliche Tochter des Hans Trautwein und Uxor (Frau) Christina". Hat man keinen Heiratseintrag der Eltern bleibt die Mutter vorerst ohne Nachnamen. Die Trautweins sind mit 5% führend vor den Häussermanns, den Banzhafs und den Zieglers mit jeweils 2%. Wobei diese Zahlen nicht ganz richtig sind, denn durch Heirat innerhalb der Großfamilie stehen einige Vorfahren mehrmals im Stammbaum. Durch Ahnenschwund reduziert sich die tatsächliche Anzahl der Vorfahren.
 
  
 


Montag, 2. Mai 2016

VERDUN 1916 - Eine Schlacht verändert die Welt

Vor einhundert Jahren begann mit dem deutschen Großangriff die Schlacht um die französische Festung VERDUN. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Realität der „Urschlacht des Jahrhunderts“ in verschiedensten Formen verarbeitet – in der Geschichtsschreibung und dokumentarischer Berichterstattung ebenso, wie in Literatur, Film und bildender Kunst.
Abhängig von Wissen und Erfahrung, politischen Ansichten und Zielgruppen kam es zu sehr unterschiedlichen Darstellungen des historischen Geschehens. Einhundert Jahre später stellt sich erneut die Frage nach dem historischen Erbe der Schlacht um Verdun. Markiert das Ereignis einen entscheidenden Wendepunkt für Europa oder gar darüber hinaus?
Die Erinnerung an „Verdun“ hat nicht nur für Deutsche und Franzosen bis heute große Bedeutung; ihr kommt großes Gewicht für das Bewusstsein Europas und seiner Nationen zu. Der Band geht dem historischen Ereignis von 1916 und seiner Wirkungsgeschichte nach. Er vereint neue historische Erkenntnisse, bisher vernachlässigte Aspekte Schlacht und sticht hervor durch den Facettenreichtum der Themen. Die Beiträge enthalten zahlreiche Abbildungen aus privaten Archiven, häufig in Farbe. Viele dieser Bilder wurden noch nie zuvor veröffentlicht.


VERDUN ist ein Ort historischer Symbolik: 843 unterzeichneten die Enkel Karls des Großen den Vertrag, der das Frankenreich unter Ludwig dem Deutschen und Karl dem Kahlen teilte - für manche Historiker der Beginn der Jahrhunderte währenden deutsch-französischen Auseinandersetzungen. Vor allem aber steht Verdun für die industrialisierten Menschen- und Materialschlachten, für Schrecken, Sinnlosigkeit und Unmenschlichkeit des Ersten Weltkriegs. Von Februar bis Dezember 1916 lieferten sich Deutsche und Franzosen dort eine der unerbittlichsten Schlachten mit rund einer halben Million Toten. Am 21. Februar 1916 startete die 5. Deutsche Armee den Angriff auf die französischen Stellungen. Ende des Jahres war sie wieder auf ihre Anfangsposition zurückgeworfen. Der mörderische Stellungskrieg um das Fort Douaumont machte den Ort zu einer „Knochenmühle"; unzählbare Verluste wurden in Kauf genommen, ohne militärisch tragfähige Ergebnisse zu erzielen. Millionen Granaten zerpflügten die Landschaft. In dem ehemaligen Kampfgebiet liegen heute 40 französische und 30 deutsche Soldatenfriedhöfe. Insgesamt 170.000 Gefallene sind dort begraben.

VERDUN 1984 - Draußen stehen deutsche und französische Soldaten nebeneinander abwechselnd Spalier. Vor der Treppe des Beinhauses ist ein Katafalk aufgestellt, umwickelt mit einer deutschen und einer französischen Fahne, rechts ein Ehrenkranz mit schwarz-rot-goldenem Band, links ein Ehrenkranz mit blau-weiß-rotem Band. Ein eisiger Wind bläst über die Gräber. Der Himmel ist grau-schwarz verhangen, Regengüsse begleiten die Zeremonie, der etwa 4.000 Menschen beiwohnen. Das Lied vom guten Kameraden und das Totensalut französischer Hornisten, wechselweise gespielt von der Kapelle des Bonner Wachbataillons und dem Musikcorps eines Infanterieregiments von Metz, sind gerade verklungen. Das Deutschlandlied und die Marseillaise werden intoniert. Spontan ergreift der Franzose die Hand des Deutschen. Minutenlang verharren Mitterrand und Kohl bis zum Verklingen der Nationalhymnen.

Ulrich Wickert in der FAZ: Später fragte ich Francois Mitterrand, wer von beiden die symbolische Geste initiiert habe. Mitterrand antwortete, er habe plötzlich das Bedürfnis gespürt, aus seiner Vereinsamung herauszutreten und mit einer Geste Helmut Kohl zu erreichen. Da habe er seine Hand ausgestreckt, und Kohl habe sie ergriffen. Helmut Kohl hat mir dies später bestätigt. Der deutsche Kanzler war erleichtert über die Geste Mitterrands. Mitterrand, der seine Gefühle stets für sich bewahrte, blickte trotz seiner Gebärde weiter in sich hinein, während Helmut Kohl in diesem beklemmenden Augenblick erleichtert zu dem Franzosen hinüberschaut, dankbar für diesen scheinbar kleinen Ausdruck von Menschlichkeit.

Hannes Wader, deutscher Sänger und Liedermacher, in seinem Lied "Es ist an der Zeit":

Und du hast ihnen alles gegeben:
Deine Kraft, Deine Jugend, Dein Leben.
 
 
 
Der kanadische Sänger John McDermott in "The green fields of France":
 
Oh how do you do, young Willy McBride,
do you mind if I sit here down by your graveside,
and rest for a while in the warm summer sun ...
 
 
 
 
 

Poppies gelten heute weltweit und vor allem in den englischsprachigen Ländern
als ein Symbol des Gedenkens an die zahl- und namenlosen Opfer von Krieg
und insbesondere an die in den beiden Weltkriegen gefallenen Soldaten.