"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Mittwoch, 28. August 2013

Hardtgericht - Hardtrichter - Hardtwald

Vorfahren aus Murr und Marbach waren "Hardtrichter". Was steckt jetzt aber hinter dieser "Berufsbezeichnung"?

In einem alten schwäbischen Wörterbuch steht dieser Satz: "das Hardtgericht in Murr bestand aus dem gewählten Hardtschultheißen und 15 Hardtrichtern"

Aus dem Geographisch Statistisch-Topographischen Lexikon von Schwaben (1791): Haardt = ein groser Wald, im Umfang des wirttembergschen Amts Marbach, zwischen Rielingshausen, Kleinaspach, Steinheim, und Kleinbottwar. Er enthält mit den anstossenden Herrschaft- und Kommunwaldungen, die mit ihm ein ganzes ausmachen, 3.000 Morgen, bestehet meist aus Eichen, dann Birken, Aspen, Buchen und den gewöhnlichen Gesträucharten. Er ist eine alte Stiftung, welche den 7 Orten Marbach, welches ein Fünftel des Ganzen besizt, Benningen, Pleidelsheim, Murr, Steinheim, Erdmannhausen und Beihingen, gemeinschaftlich gehört. Aus diesen Orten werden zwölf sogenannte Haardtrichter erwählt, deren Haupt ein Haardtschultheiß, und deren Aktuar (Schreiber) der jeweilige Klosterhofmeister zu Steinheim war. Diese Richter bilden das Hardtgericht, welches alle Jahre am Tage Georgi (23. April) frühe im Dorfe Murr zusammen kommt, und unter einer Linde, bei dem Dorfe Murr ein Haardtgericht hält, wobei die Angelegenheiten dieses Waldes in Berathschlagung genommen werden. 
Alle zwei Jahre werden den Bürgern dieser 7 Orte unentgeltlich 50 Büschel Holz ausgetheilt, oder ihnen ein gewisser Plaz angewiesen, wo sie das Buschholz selbst abholzen dürfen. Merkwürdig ist, dass jede Wöchnerinn eines ehlichen Kindes, ein solches Bürgerloos ausserordentlich erhält. 
Das Stammholz wird für eine geringe Abgabe, denjenigen Bürgern gegeben, die nothwendiges Holz zum Bauen gebrauchen. Es ist schon von selbst zu vermuthen, dass die Hardtrichter sich bei den Holzabgaben nicht werden vergessen haben. Es wurde bei dieser Selbstadministration lange Zeit tolle gewirthschaftet, bis von dem gegenwärtigen Klosters Hofmeister zu Steinheim eine bessere Oekonomie eingeführt, und der künftigen Verwüstung des Waldes, durch die Haardtrichter, die einen eigentlichen Handel mit Eichen bisher treiben, Grenze gesetzt wurden. Durch eine 1796 erschienene herzogliche Kommission wurde nun auch die Oberaufsicht des Waldes und das Präsidium bei dem Haardtgericht, dem Klosterhofsmeister zu Steinheim übergeben, welche vormals der Haardtschultheiß hatte.
Dieser große Wald, der in einer holzarmen Gegend liegt, ist ein theures Kleinod für diese Gegend, und verdient aus mehr als einer Rücksicht geschont zu werden. Der Ingenieur Lieutenant Haug zu Ludwigsburg hat diesen großen Wald aufgenommen, und auf einer großen Karte auf mehreren großen Bogen gezeichnet.

Sonntag, 18. August 2013

Die Heilige Schrift - 1873




Diese inzwischen 140 Jahre alte Heilige Schrift erhielten meine Ur-Urgroßeltern Christoph Friedrich Irion und Luise Friederike Kucher zum "gesegneten Andenken an den Tag ihrer ehelichen Einsegnung am 23. Februar 1873 in Großbottwar".



Zwischen den vielen Seiten fanden sich einige "Schätze". Dieses ausgebleichte Stiefmütterchen liegt zwischen den Kapiteln 28 und 29 des 1.Buch Mose. Wie lange es schon in dieser Heiligen Schrift schlummert und wer dieses Blümchen zum Trocknen in diese Bibel gelegt hat wird ewig ein Rätsel bleiben.
Das Kalenderblatt vom 4. Februar 1975 und zwei Zeitungsartikel vom 25-jährigen Jubiläum des Murrer Posaunenchores aus dem Jahr 1974 hat vermutlich meine Oma Berta hier deponiert.



Der getrocknete Farn und dieses Poesie-Albumbildchen, sorgfältig verpackt, haben in dieser Heiligen Schrift seit Jahrzehnten einen Ehrenplatz.



Einige Seiten sind für die "Familien-Chronik" vorgesehen. Eingetragen wurden die Voreltern der Eheleute Irion und die Geburt der einzigen Tochter Emma Friederike am 11. September 1874.
In gut lesbarer Sütterlinschrift hat Emma Friederike die Namen und Geburtsdaten ihrer 12 Kinder vermerkt. Zwischen 1897 und 1918 kamen die Kinder Frida, Adolf Friedrich, Emilie, Hedwig, Berta, Richard, Adolf Julius, Eugen, Hermann, Luise, Elise und Fritz zur Welt. Neun ihrer zwölf Kinder erreichten das Erwachsenenalter.
Den weiteren Einträgen in der Familien-Chronik nach, wurde diese Heilige Schrift an meine Oma Berta weitergegeben, danach war sie im Besitz ihrer Tochter Erika, die mir vor vielen Jahren die Familienbibel schenkte. Bis heute stand sie wenig beachtet im Schrank. Für die Ahnenforschung erwies sie sich jetzt als sehr nützlich.

Vielleicht sollte ich doch einmal die Bibel lesen. Die Schöpfungsgeschichte kenne ich noch aus der Schule und sie endet mit dem von mir oft zitierten Satz:

Am siebten Tag hat Gott geruht und seine Werke waren gut !


Montag, 5. August 2013

Familienbesuch vom anderen Ende der Welt

Steinheim-Kleinbottwar - Ahnenforschung ist mitunter eine spannende Angelegenheit. Wer entdeckt, dass er auf der anderen Seite der Erde verwandtschaftliche Wurzeln hat, der ist schon mal imstande, spontan eine weite Reise anzutreten. Die Australierin Christina Robinson, geborene Uhlmann, ist eine solche Kandidatin. Seit ihrem 15. Lebensjahr interessiert sie sich für dieses Thema. Ihre langwierigen Forschungen, die sie Kirchenbücher und Dokumente von Einwanderungsbehörden durchstöbern ließen, hatten ergeben, dass im schwäbischen Kleinbottwar die Nachfahren eines gemeinsamen Ahnen leben könnten.
Im Jahr 2007 stand sie deshalb urplötzlich auf dem Friedhof der kleinen Gemeinde, um von längst verstorbenen „Uhlmännern“ mögliche Gräber, die ihr weitere Hinweise liefern sollten, ausfindig zu machen. Was sie nicht wusste: hierzulande verschwinden die Gräber nach rund zwanzig Jahren ohne weiteren Hinweis. Doch die reiselustige Abenteurerin hatte Glück. Eine andere Friedhofsbesucherin wunderte sich über das suchende Verhalten der Fremden und fragte nach. Einziges Problem war die Verständigung: die Schwäbin sprach kein Englisch und die Australierin kaum Deutsch.
Doch pfiffige Schwabenkinder lassen sich nicht so schnell entmutigen. Die Kleinbottwarerin pflückte aus den englischsprachigen Kommunikationsbemühungen das immer wieder geäußerte „Uhlmann“ heraus und fuhr die Fremde zum Lerchenhof. Dort lebt Roland Uhlmann. Mit ihm war die Suchende an die richtige Adresse geraten, doch sprach auch der Landwirt nur wenig Englisch und war mit dem Ansinnen der in Brisbane lebenden Frau überfordert. Roland Uhlmann wiederum nahm den Kontakt zu seinen Cousinen auf. Bei seiner Base Gudrun Stiefel, die in Kleinbottwar lebt, endete schließlich die Odyssee der beherzten Ausländerin. Stiefel geborene Uhlmann konnte der Australierin nicht nur helfen, sondern fand in ihr tatsächlich eine gemeinsame Nachfahrin des 1753 in Kleinbottwar geborenen Johann Jakob Uhlmann.
Die beiden Frauen verbinden gemeinsame Interessen und sportliche Ambitionen, wie sie schnell herausgefunden haben. Die eine ist Triathletin, Gudrun läuft Marathon. Außerdem sind beide kunsthandwerklich engagiert. Auch Elisabeth Fuchs ist eine geborene Uhlmann und die zweite besagte Cousine. Ihr Vater, Helmut Felix Uhlmann, hat zu seinen Lebzeiten ebenfalls intensive Stammbaumforschung betrieben. Die exakte Auflistung der Uhlmannschen Verwandtschaftsverhältnisse zeugt davon. Sie befindet sich mittlerweile im Besitz der Tochter. Elisabeth Fuchs weist stolz darauf hin, dass durch die Recherchen ihres Vaters die verwandtschaftlichen Verknüpfungen belegt werden konnten, die Heimatpfleger Hans Dietl auch amtlich abgesegnet hat.
Die 56-jährige Christina Robinson jedoch ist zum zweiten Mal nach Kleinbottwar gekommen und genießt derzeit den deutschen Sommer. Natürlich nutzt sie den Aufenthalt, um etwa mit Elisabeth in alten Fotosammlungen zu stöbern und den Stammbaum zu begutachten, den Helmut Uhlmann erstellt hat. Immer wieder müssen die beiden Frauen dabei verwundert schmunzeln. Äußerliche Ähnlichkeiten nämlich sind nicht zu leugnen.

siehe auch: Friedrich Uhlmann 

Höpfigheim 1762 - Inventar- und Teilungsprotokoll

Johann Jakob Nafzger (*1705 in Höpfigheim), mein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Urgroßvater, ist 1762 in Höpfigheim verstorben. Er gehörte als langjähriger Herrschafts-Küfer, Bauer und früherer Bürgermeister zu den vermögenden Bürgern.
Anlässlich seines Todes wurde am 23. März 1762 ein umfangreiches "Inventar und Teilungs-Protokoll" angefertigt: 
Felder, Wiesen und Weinberge wurden in das Protokoll aufgenommen. Der Wert dieser Liegenschaften betrug 2.622 Gulden und 42 Kreuzer.
Interessant ist die Fahrnuss, das bewegliche Vermögen. Außer den silbernen Löffeln, silbernen Knöpfen und dem Zinngeschirr wurden Schnupftüchla, alte Hosen, wollene Strümpf, Schoppenfläschla und Salzbüxla aufgelistet.
Aufgerechnet wurde das bei der Heirat von seiner Ehefrau Anna Barbara geb. Schmid eingebrachte Vermögen und die Hälfte des ihr zustehenden Zugewinns.

Bevor das hinterlassene Vermögen auf seine Witwe und die 8 Kinder aufgeteilt wurde, hatte allerdings noch die "Herrschaft" Zugriff auf den Nachlass:
Abgezogen wurde das bei seinem Tod der Gnäd.Herrschaft gebührende Leibeigenschaftshauptrecht. Dieses war nach dem Lagerbuch "das beste Hauptvieh" und im vorliegenden Fall "der vornehmste Zugochse" im Wert von 50 Gulden. Es verblieben dann noch 1.019 Fl und 29 kr. 
Den Erben standen jeweils 113 fl 16 kr vom Vermögen des Verstorbenen zu.