"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Montag, 24. Februar 2020

Feilenhauer - ein alter Beruf

Im Familienregister von Stuttgart-Zuffenhausen habe ich zum ersten Mal den Beruf Feilenhauer gelesen. Diesen Beruf hatte der 1857 in Frauenzimmern geborene Gottlieb Friedrich Kühlmann. Er scheint ein unsteter Geselle gewesen zu sein, möglicherweise zog er mit seiner Familie übers Land, stellte vor Ort in den Dorfschmieden Feilen her und bereitete alte Feilen und Raspeln wieder auf.
Seine 12 Kinder sind in Ludwigsburg, Erdmannhausen, Heilbronn und in Dörfern um Heilbronn herum geboren: Biberach, Sontheim, Böckingen. Seine Tochter Pauline wurde 1915 in Mägerkingen im Kreis Reutlingen konfirmiert. Bei der Hochzeit von Karoline Maria 1916 in Feuerbach war der Vater "mit unbekanntem Aufenthaltsort abwesend". Im Jahr 1922 erklärte Gottlieb Friedrich seinen Kirchenaustritt, danach verliert sich seine Spur. Seine Ehefrau Jacobine Wilhelmine geborene Stierle aus Erdmannhausen, ist 1944 in Stuttgart-Feuerbach verstorben.


Der Beruf entstand im späten Mittelalter als ein Spezialzweig des Schmiedehandwerks, zum ersten Mal wird dieser Beruf 1387 in Frankfurt am Main erwähnt, in Nürnberg ab 1494 genannt. Im 19. und 20. Jahrhundert war Remscheid und das Bergische Land ein Zentrum der Feilenhauerei. - Die Herstellung von Feilen wurde immer mehr automatisiert und in Fabriken verlagert. Als handwerkliche Tätigkeit verschwand die Feilenhauerei allmählich. In Baden-Württemberg beispielsweise strich man den Beruf in den 1950er Jahren aus der Liste der Handwerksberufe, der letzte Betrieb schloss in den 1980ern.




.  M  .

Samstag, 22. Februar 2020

Deutsches Rotes Kreuz - Vermisstenbildlisten Online

Meine Reise nach Belarus rückt immer näher. Mit Militärkarten vom Sommer 1944 suche ich auf einer aktuellen Landkarte von Belarus nach den Dörfern nahe der damaligen Front. Auf den Militärkarten ist der Standort der 129. Infanterie-Division eingezeichnet, der mein Großvater angehörte. Die 129. ID gehörte der 9. Armee an, die der Heeresgruppe Mitte unterstellt war. Anhand von Online-Kriegstagebüchern, dem Standort der militärischen Einheit und dem Datum seit er vermisst ist, lässt sich so in etwa lokalisieren wo er im Alter von 29 Jahren gefallen ist. Auf einer topographischen Landkarte aus dem Jahr 1941 finde ich den Vermisstenort Korma, etwa 65 Kilometer südlich von Bobruisk und westlich der Landstraße die von Bobruisk über Paritschi nach Mazyr führt (heute P31). Korma liegt in einem von Sümpfen durchzogenen Waldgebiet und war umgeben von einzelnen Gehöften, auch stand dort einst eine Windmühle.



topographische Landkarte 1941 "Sonderausgabe" - nur für den Dienstgebrauch



Memorial Operatsiya Bagration
erinnert an die verheerende Schlacht im Sommer 1944 in Weißrussland

Der einzige noch vorhandene Feldpostbrief meines Opas vom Brückenstützpunkt "Erlkönig",  irgendwo im Osten, ist jetzt endlich "übersetzt." Er schrieb, dass unter den Zivilisten das Gerücht von Stalins Tod umgeht und das wäre ja kein Fehler.... 


Die Vermisstenbildliste des Deutschen Roten Kreuzes (DRK)  aus dem Jahr 1958 ist seit fünf Jahren 

online. Mit der Suche per Feldpostnummer habe ich meinen Großvater in dieser Liste gefunden. Zu meiner Freude mit Bild, denn von 1.400.000 Vermissten gab es nur für 900.000 Personen ein Bild.

Ende der 1950er Jahre sind diese Listen entstanden. Der DRK-Suchdienst bat seinerzeit alle bei ihm registrierten Suchenden um die Einsendung von Fotos ihrer vermissten Angehörigen. Die Fotos mit den Namen wurden nach Truppeneinheiten geordnet, zu Bildlisten zusammengestellt und ab Dezember 1957 gedruckt. Der komplette Satz aller Bildlisten war im Oktober 1958 fertig. Er bestand am Ende aus 225 Bänden mit über 125 000 Seiten. In 199 Bänden waren die Wehrmachtsvermissten, in 26 Bänden die Zivilverschollenen erfasst.

Nach mehrjähriger Digitalisierung stehen die Vermisstenbildlisten zu verschollenen Wehrmachtsangehörigen des Zweiten Weltkriegs online zur Verfügung.

Diese Listen dokumentieren die Folgen eines Weltkrieges, der wie kein anderer zuvor Opfer unter Soldaten und der Zivilbevölkerung forderte.

Bei der Befragung zurückkehrender Wehrmachtsangehöriger stellte sich bald heraus, dass sie sich an die Gesichter gefallener, gefangengenommener oder in Kriegsgefangenschaft verstorbener Kameraden vielfach besser erinnerten, als an deren Namen. Der DRK-Suchdienst druckte daher Bildlisten, die er den Landes-, Kreis- und Ortsverbänden des Deutschen Roten Kreuzes zur Verfügung stellte. Es wurde u. a. ein spezieller Befragungsdienst mit Bussen eingerichtet, der gemeinsam mit anderen Stellen bis 1964 ca. 2,65 Millionen Heimkehrer befragte und daraus 241.000 schicksalsklärende Aussagen gewann. Demnach waren von den noch vermissten Soldaten 27.031 mit Sicherheit gefallen, 67.384 vermutlich gefallen und 33.843 in Gefangenschaft geraten.
Mitte der 1970er Jahre wurden die Vermisstenbildlisten des DRK-Suchdienstes mit dem Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Fotografie gewürdigt. Für viele Familienangehörige sind sie ein Gedenkbuch. Militärhistorisch Interessierten bieten sie Hinweise auf die Verluste von Einheiten und kaum mehr anderswo auffindbare Hinweise auf deren Unterstellungen und Truppenanschriften.