"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Samstag, 15. Juli 2017

1940 - Grafeneck - 2017

Morgen ist der 77. Todestag vom Uropa meiner Tochter. Wir wissen erst seit vier Jahren, dass er am 16.Juli 1940 von den Nationalsozialisten in Grafeneck ermordet wurde. 


Gedenktafel 
Haus der Stadtgeschichte in Heilbronn


"Das Vergessen der Vernichtung ist Teil der Vernichtung selbst".


Deshalb wurden die Sterbeurkunden in den Standesämtern der Tötungsanstalten gefälscht. Der Todestag, der Todesort und die Todesursache stimmen nicht mit der Wirklichkeit überein. Jahrzehntelang wurde innerhalb der Familie geschwiegen. Völlig unerwartet bekam ich die Sterbeurkunde in die Hand. Innerhalb weniger Stunden wurde mir von der Gedenkstätte Hartheim in Österreich mitgeteilt, dass der Uropa laut Sterbeurkunde nicht in Hartheim verstorben ist, die Sterbeurkunde wurde gefälscht, er wurde in Grafeneck ermordet. Einen Tag später teilte mir die Gedenkstätte Grafeneck mit, dass der Uropa zu den 10.654 Menschen gehört, die im Jahr 1940 in Grafeneck ermordet wurden.

Wie geht man damit um? Weiterhin schweigen und untätig sein? Die Gedenkstätte Grafeneck besuchen oder alles auf sich beruhen lassen? Nach weiteren Spuren suchen? - Wir schweigen nicht. Wir haben erfolgreich nach Spuren gesucht. Wir besuchen mindestens einmal im Jahr die Gedenkstätte Grafeneck, legen Rosen auf dem Altar nieder, blättern im Namensbuch der Opfer, schreiben ins Gästebuch und gehen in das Haus der Stadtgeschichte wenn wir in seiner Geburtsstadt Heilbronn sind.
Wir schweigen nicht, denn damit hätten seine Mörder ihr Ziel "das Vergessen der Vernichtung ist Teil der Vernichtung selbst", erreicht.





Dienstag, 11. Juli 2017

Pfleiderer vom Degenhof

Pfleiderer, ein uralter schwäbischer Familienname. Hat man im Schwabenland keinen Pfleiderer in der Familie und auch keinen Nachbarn der Pfleiderer heißt, so kennt man wenigstens das Komiker-Duo Häberle & Pfleiderer alias Willy Reichert und Oscar Heiler.
Willy Reichert war der Pfleiderer, ein knitzer (schlauer) Schwabe, der oft das letzte Wort hatte. Häberle wurde von Oscar Heiler gespielt, eine Figur, die sich vornehmer gibt und meist versucht, Pfleiderer zu belehren. Themen waren schwäbische Charaktere, Philosophie im Allgemeinen, menschliche Schwächen, Schicksale und Landestypisches. Schwaben der älteren Generation haben noch das "jaa jaa - soo soo - jaa jaa ..." der beiden Komiker in den Ohren.
Die Häuser der Schwaben sind mit Pfleiderer-Ziegel aus Winnenden gedeckt und in jedem Häusle wird mit Fischer-Dübeln gschafft, denn Firmengründer Artur Fischer ist ebenfalls einer der vielen Tausend Pfleiderer-Nachfahren.
Der Schriftsteller, Dichter, Maler und Nobelpreisträger Hermann Hesse ist, wie auch der Dichter Friedrich Schiller, ein Nachfahre der Pfleiderers von der Ostalb. - Der älteste namentlich bekannte Pfleiderer (Pfleuderer) ist mein 12-facher Urgroßvater Sixt, geboren 1519 in Rauental ("in der Reute") bei Aalen, 1561 wurde er "entleibt".

Um 1575 kam sein Sohn Georg als Schäfer und Meier auf den Hof "zum Tegen" bei Hertmannsweiler (Winnenden). Der Schafhof, heute Scheurenrain 3, war seit dem Mittelalter in württembergischem Besitz und ist vermutlich das erste Wohngebäude des Ortes. Das historische Stammhaus der Pfleiderer steht unter Denkmalschutz, der Bauzustand lässt leider zu wünschen übrig.


Degenhof anno 1686
Forstlagerbuch Andreas Kieser

Ein Schäfer mit 11.000 Nachkommen schrieb der Reutlinger Generalanzeiger zum Familientreffen des Pfleidererverbandes im vergangenen Jahr.
Am Sonntag, 1. Oktober 2017, findet das nächste Familientreffen in Münsingen statt. "Wir freuen uns auf ein Wiedersehen" und auch bisher noch unbekannte Verwandte sind eingeladen.