"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Dienstag, 29. Dezember 2015

Familie Osiander

Der Familienname Osiander stammt aus dem süddeutschen Raum und ist vorwiegend in Franken und Württemberg anzutreffen. Schriftlich belegt ist der Name seit 1440.
Vor allem eine Vielzahl an Theologen hat das Geschlecht Osiander hervorgebracht, so stellte beispielsweise in der Württembergischen Kirche die Familie Osiander im Jahre 1720 über 30 Dekane. Am berühmtesten ist Andreas Osiander (1498 Gunzenhausen - 1552 Königsberg im Herzogtum Preußen), der deutsche Reformator und Stammvater der Familie Osiander. Im 17. und 18. Jahrhundert zählten auch Kanzler der Universität Tübingen, sowie im 18. und 19. Jahrhundert bedeutende Buchhändler dazu.

 
Theologe und Reformator Andreas Osiander

Christoph Caspar Osiander (1724 - 1798), der  Nachfahre von Andreas Osiander, war Chirurgus und Wundarzt in Steinheim. Er war auch Taufpate meiner 4-fachen Urgroßmutter Maria Magdalena Hay, geboren am 2. Juli 1765 in Steinheim. Christoph Caspars Onkel, Lukas Samuel Osiander (*1688) war von 1718 bis zu seinem Tod 1752 Klosterhofmeister in Steinheim.


Das Jahr ohne Sommer - 1816

Ein Vulkanausbruch wie ihn die Menschheit seit Jahrtausenden nicht erlebt hat: mit einer geschätzten Sprengkraft von etwa 170.000 Hiroshimabomben schleudert der Vulkan Tambora auf der indonesischen Insel Sumbawa tonnenweise Magma, Staub und Asche bis zu 15 Kilometer hoch in die Atmosphäre. Der Himmel verdunkelt. Die Folgen der riesigen Eruption im April 1815 sind verheerend: Ernten verderben, viele Nutztiere verenden, für die Menschen kommt es in den Jahren 1816/17 zur schlimmsten Hungersnot des 19.Jahrhunderts.
Der Hunger, die Verzweiflung der Menschen, die sprunghaft ansteigenden Lebensmittelpreise und die vielen Entlassungen in Betrieben haben für eine explosive Mischung gesorgt. Es stand schon länger schlecht um die Landwirtschaft im Schwabenland. Unstrukturiert, unterentwickelt und das Land geschwächt durch die Napoleonischen Kriege, konnte das Bevölkerungswachstum kaum ausgeglichen werden. Als dann noch der Tambora ausbrach und sich auch im 12.000 Kilometer entfernten Europa der Himmel verdunkelte, suchten viele Menschen ihre Rettung in der Flucht nach Russland oder in die Neue Welt.
Mit dieser sozialen Katastrophe war nun ein Königspaar konfrontiert, das erst gerade auf den Thron gelangt war: Wilhelm I. von Württemberg und Catharina Pawlowa. Catharina bot den Menschen Hilfe zur Selbsthilfe an, anstatt sie nur mit Almosen abzuspeisen.
Sie gründete auch den Wohltätigkeitsverein (Vorläufer des heutigen Wohlfahrtswerks Baden-Württemberg), eine Armensparkasse (die heutige Landesbank Baden-Württemberg), ein Mädchen-Erziehungsinstitut (das heutige Königin-Katharinen-Stift) und sie plante die Gründung des späteren Katharinenhospitals. Sie wirkte auch bei der Einrichtung des Landwirtschaftlichen Vereins in Württemberg und bei der Gründung der landwirtschaftlichen Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt, der heutigen Universität Hohenheim mit. Auch eine Einrichtung zur Gewerbeförderung geht auf die Königin zurück.


Nur drei Jahre - bis zu ihrem Tod 1819 - regierte Catharina als Königin über Württemberg, doch ihr Einsatz in der Krise veränderte das Land maßgeblich. Die von ihr gegründeten oder erdachten Einrichtungen dauerten nicht nur bis zur Entspannung der Notlage mit der guten Ernte des Jahres 1817 an, sondern sind bis heute wirksam.



Im Spielhaus im Exotischen Garten der Uni Hohenheim erinnert die bis Oktober 2016 dauernde Ausstellung an Catharina Pawlowa: "Die Königin in Zeiten voller Nacht - Catharina und das Jahr ohne Sommer 1816".


Spielhaus im Exotischen Garten
 
 


Montag, 28. Dezember 2015

Johann Christian Ossmann & Dorothea Luise Storz

Von Schloss Hohenheim in die Prärie von Kansas verschlug es den 1841 in Untergruppenbach (Heilbronn) geborenen Johann Christian Ossmann zusammen mit seiner Ehefrau Dorothea Luise Storz (*1833) aus Steinheim und dem 1870 geborenen Sohn Carl Johann. Das Ehepaar Ossmann-Storz heiratete 1874 in Stuttgart-Birkach in der Nähe des Hohenheimer Schlosses wo Johann Christian als Kammerdiener beschäftigt war.
Nach der US-Volkszählung aus dem Jahre 1900 ist die Familie 1884 eingewandert, die Ossmanns lebten in Leavenworth wo Johann Christian als Gärtner gearbeitet hat.


Im Jahr 1903 ist Louise im Alter von 70 Jahren verstorben, Johann Christian erlebte noch wie seine Enkel Helen und Carl heranwuchsen. Sein Sohn Carl Johann lernte in St. Louis seine in Deutschland geborene Ehefrau Rosa Wurst kennen. Die Familie lebte in Concordia im County Cloud in Kansas.

Der Enkel Carl war über 60 Jahre als Architekt tätig. Er entwarf das Medical Center in Goodland, Altenheime, Boogarts Grocery Stores und das Fire Department 10 in Topeka. Carl züchtete mehr als 40 Jahre Angusrinder. Aus seinem Lebenslauf geht hervor, dass er während des Zweiten Weltkriegs bei der Marine gedient hat.


Carl G. Ossmanns Grabstein auf dem Mount Calvary Friedhof in Topeka
 
Auffallend ist, dass der Nachname nach der Einwanderung nicht amerikanisiert wurde, also die alte deutsche Schreibweise beibehalten wurde. C. William Ossmann, Richter im Shawnee County, Kansas und Urenkel der Auswanderer, hat heute noch die Namensendung "mann", an der sich seine deutsche Abstammung erkennen lässt.

Montag, 21. Dezember 2015

Brimont, Frankreich - 13. Mai 1918 morgens um halb 11

Mein Urgroßvater Gottlob Albrecht aus Steinheim wurde im 1. Weltkrieg in Frankreich schwer verwundet. Außer einem Foto und seiner Taschenuhr gibt es keine Erinnerungsstücke von ihm. Seine Enkel haben weder Feldpostbriefe noch Soldatenbilder von ihm und sie wissen auch nichts über seinen Kriegseinsatz.
Die Suche im Hauptstaatsarchiv Stuttgart war erfolgreich. Laut dem Auszug der Kriegsstammrolle war er in der 6. Kompanie und später in der 12. Kompanie des Infanterieregiments 127.

 
 
Unter "Mitgemachte Gefechte" ist eingetragen:
- 9. Juni 17 bis 9. August 17 Stellungskämpfe bei Reims
- 26. August 17 bis 14. September 17 Abwehrschlacht bei Verdun
- 20. September 17 bis 24. März 18 Stellungskämpfe bei Reims
- 25. März 18 bis 5. April 18 Große Schlacht in Frankreich
- 30. März 18 bis 31. März 18 Verfolgungskämpfe bei Montdidier und Noyon
- 7. April 18 bis 28. April 18 Kämpfe an der Avre bei Montdidier und Noyon
- 1. Mai 18 bis 13. Mai 18 bei den bis 26. Mai andauernden Stellungskämpfe bei Reims
 
Bei Brimont (nördlich von Reims) traf ihn am 13. Mai 1918 um 10.30 Uhr ein Granatsplitter am rechten Unterschenkel. Sein ganzes Bein musste amputiert werden, ab 2. Juni 1918 war mein Urgroßvater im Lazarett Aschersleben (Sachsen-Anhalt), am 12. Dezember 1918 wurde er entlassen.
 
Am 22. Mai 1918 wurde ihm das Eiserne Kreuz II.Klasse (EK II) verliehen, am 20. August 1918 erhielt er das Verwundetenabzeichen in schwarz.
 
 
1. Weltkrieg - Verwundetenabzeichen schwarz
 
Im Jahr 1948 ist mein Urgroßvater verstorben. Dreißig Jahre von seinen 70 Lebensjahren musste er mit einer Holzprothese leben, musste seine Landwirtschaft betreiben und eine 6-köpfige Familie ernähren. Meine Oma war die Jüngste von 4 Töchtern und erst drei Jahre alt, als ihr Vater als Kriegsversehrter aus dem 1.Weltkrieg heimkehrte. Er musste auch erleben, dass drei von vier Schwiegersöhnen im 2. Weltkrieg in Russland gefallen sind und vermisst werden. Sieben Enkel wuchsen als Halbwaisen auf. Als dann noch seine Tochter Anna verstarb, war er für zwei Vollwaisenenkelkinder verantwortlich.
Eine starke Lebensleistung, die wir heute kaum nachvollziehen können. Seine Taschenuhr werde ich bis an mein Lebensende in Ehren halten!
 
 



Donnerstag, 17. Dezember 2015

Weihnachten 2015

 
Liebe Leser,
 
ich wünsche Ihnen ein schönes Weihnachtsfest
und einen guten Start in das Jahr 2016 !!!
 
 
 
STePPi, der Steinheimer Steppenelefant im Weihnachtslook

Freitag, 27. November 2015

Marbach - 92.000 Liter Wein

Zu meinen Vorfahren gehört auch die Familie Fuchs aus Marbach (Lorentz Matthäus Albrecht heiratete 1699 Maria Margaretha Fuchs).
In einem historischen Buch fand ich 12 Buchseiten über die "Fuchsens", von denen einige Familienmitglieder, wie auch bei den Albrechts, das Metzgerhandwerk erlernt haben. Nach dem Tod von Margaretha Thudichum, Großmutter von Maria Margaretha Fuchs, wurde 1686 ein Inventar über das Vermögen zum Zwecke der Erbteilung erstellt. Auf 85 Seiten wurde das gesamte Vermögen des Ehepaares Fuchs / Thudichum aufgelistet.
"Liegende Güter", einschließlich "Fahrnis" (bewegliches Vermögen), Bargeld in 16 verschiedenen Währungen, zuzüglich "einnehmender" Schulden abzüglich zu bezahlender Schulden ergeben ein Vermögen von 25.963 fl (Gulden) und 44 1/2 x (Kreuzer).
Zum Vergleich: für 200 Gulden konnte man ein Bauernhaus mit Stall und Scheune erwerben.



1 Kreuzer - Württemberg 1693


Der Weinbestand betrug 313,5 Eimer Wein (= 92.143 Liter) verschiedener Jahrgänge. In den eigenen Weinbergen konnte diese große Menge Wein nicht erzeugt worden sein. Der größte Teil des Weinvorrats wurde dazu gekauft. Vermutlich stellte dieser Weinvorrat eine Kapitalanlage dar, was damals allgemein üblich war.


"Auf dem Felsen 1"
Bauernhaus der Familie Fuchs, später im Besitz der Familie Heinle

Die Familie Fuchs erlitt durch den Stadtbrand 1693 den enormen Gesamtschaden von 13.394 fl. - Bis auf das Haus "Auf dem Felsen 1" sind sämtliche Häuser und Scheunen innerhalb der Stadtmauer abgebrannt, ebenso der gesamte Hausrat bis auf die wenigen Gegenstände, die die Familie auf die Flucht mitnehmen konnte. Totalverlust gab es auch bei den Getreide- und Küchenvorräten, der Weinvorrat war größtenteils vernichtet, das Bargeld von über 5.000 fl blieb vollständig erhalten, vermutlich wurde es vor dem Franzoseneinfall aus der Stadt geschafft.


Steinheim - Deutscher Hof

Nicht weit von dem Trautweinschen Bauernhaus ist die Gasse "Deutscher Hof", benannt nach der früheren Reichsvogtei "Deutscher Hof" an der Ecke Marktstraße / Deutscher Hof.
König Adolf von Nassau (*vor 1250 +1298) hatte auf Wunsch der Äbtissin die Vogtei (Machtbereich und Amtsgebäude eines Vogts, eines herrschaftlichen, meist adeligen Beamten des Mittelalters) über das Kloster Mariental (1254 gegründet) und das Dorf Steinheim übernommen. - Später war in diesem Gebäude eine Bäckerei und die Gaststätte "Germania", heute ist es ein Wohnhaus.

 
Deutscher Hof - ehemaliger Sitz des Reichsvogts
 
 
 
Reste des Wirtshausschilds "Germania"an der benachbarten Scheune - nach dem Sieg über Frankreich und der Gründung des Deutschen Reiches durch Bismarck 1871 nannte der Wirt und Metzger Jakob Rapp die Wirtschaft "Germania".
 

 
über dem Hauseingang die Initialen des Bäckers Samuel Fischer
 

 
Blick in die Gasse 'Deutscher Hof'
 
 
I have learned that even the smallest house can be a home.
 
Henry David Thoreau



 

Mittwoch, 25. November 2015

Marbach - Auf der Suche nach dem "Rothen Ochsen"

Nach den Kirchenbüchern war mein 6-facher Urgroßvater Lorentz Matthäus Albrecht (1677 - 1734) Metzger und Wirt im "Rothen Ochsen" in Marbach. Das Gasthaus "Ochsen" in der Marbacher Bottwartalstraße gibt es aber erst seit etwa 200 Jahren. Auch Kenner der Marbacher Stadtgeschichte wussten auf Anhieb nichts von einem anderen "Ochsen" oder gar einem "Rothen Ochsen".
Aber Seite 593 der "Geschichte der Stadt Marbach am Neckar 1" beendete die Suche:

"Für die bereits im 17. Jahrhundert mehrfach genannte Wirtschaft "Ochsen" erhielt 1720 der aus Kuchen bei Geislingen stammende Marbacher Bürger und Metzger Lorenz Matthäus Albrecht eine Erlaubnis zur Schildwirtschaft (Anmerkung: im Mittelalter und der beginnenden Neuzeit ein Bewirtungs- und Beherbungsbetrieb für Reisende und deren damaliges Verkehrsmittel). - Seine Kinder heirateten zwischen 1724 und 1734 und er selbst als Witwer ebenfalls 1734. Er starb aber Monate später und 1735 ehelichte seine Witwe den Gerichtsverwandten und Geistlichen Verwaltungskastenknecht Johann Georg Hampp. Die Ochsenwirtschaft von Albrecht befand sich in der unteren Marktstraße, heute Marktstraße 41. Das Gebäude kaufte der Hutmacher Jakob Preißler."

Sein Vater Jakob (1624 - 1693) war Gastgeber (Wirt) in Kuchen, er zeugte mit seinen beiden Ehefrauen Anna Lohrmann und Anna Stahl 24 Kinder. Das jüngste Albrecht-Kind war Lorentz Matthäus.

  
Marktstraße 41, der frühere "Rothe Ochsen"
leider ohne eine Hausmarke oder Kopfstein mit Jahreszahl der Erbauung
 

 
in der Nachbarschaft der Kopfstein eines typischen Wiederaufbauhauses, bereits ein Jahr nach dem Stadtbrand erbaut

Dienstag, 24. November 2015

Marbach - Strohgasse vierzehn

An den Häusern in der Marbacher Strohgasse findet man noch Spuren aus längst vergangener Zeit. Kopfsteine mit der Jahreszahl der Erbauung oder Wappen über den Hauseingängen. Ein ganz besonders auffallendes Gebäude ist das Haus Nummer 14 mit der Porträtplastik des reichen Handelsmannes und Bürgermeisters Dietrich Wunderlich (+ 1694).


"Dieterich Wunderlich
Burger und Handelsmann allhier
dessen Hausfraw Anna
Margretha ein geborene
Schroffin - Aano 1678" 


 
Das Denkmalamt Baden-Württemberg schreibt darüber: Das Bauherrenporträt als Eckkonsole hat dokumentatorischen Wert für die Bauweise der gehobenen Schicht vor dem großen Stadtbrand in Marbach.
Sein Sohn, Samuel Jacob, heiratete 1696 Margaretha Halbmayer aus Murr. Familie Halbmayer wohnte im Murrer Schlössle, das Margarethas Vater und mein Vorfahre, Carl Valentin Halbmayer, 1695 erworben hat. Halbmayers sind aus dem Raum Heidenheim zugezogen. Carl Valentin war dort "Amtmann zu Sontheim, Heidenheimer Herrschaft".   
 
 
Kopfstein über dem Hauseingang
 
 
 


Montag, 23. November 2015

Marbach - Gasthaus "Rother Ochsen"

Von meinem 5-fachen Urgroßvater Georg Friedrich Albrecht kannte ich lange Zeit nur den Namen und den Wohnort Steinheim, die Suche nach seinem Geburtstag war immer wieder erfolglos.
Die Kirchenbücher lösten das Rätsel, beim "durchblättern" des Online-Familienregisters von Murr fand ich seinen Namen zufällig bei Maria Magdalena Weber aus Murr, sie war seine dritte Ehefrau. Dort ist auch vermerkt, dass Georg Friedrichs Vater, Lorentz Matthäus, "Ochsenwirth" in Marbach ist.


Ein altes Foto des heutigen "Ochsen", der aber zu Zeiten von Lorentz Matthäus Albrecht noch nicht existierte. Aber wo ist/war der im Kirchenbuch genannte "Rothe Ochsen" in Marbach ?


Also ist Georg Friedrich wohl nicht in Steinheim geboren, diese Vermutung bestätigte das Kirchenbuch von Marbach, er ist dort 1717 geboren, als Sohn des Metzgers und Wirts vom "Rothen Ochsen".
Über familysearch gab es das Heiratsdatum seines Vaters. Er heiratete 1699 Anna Margaretha Fuchs. Lorentz Matthäus' Vater, Jacob Albrecht, ist laut dem Marbacher Kirchenbuch in Ulm geboren. Der Schwiegervater ist Hippolytis Fuchs.

Georg Friedrich, Metzger und "Clostermayer" in Steinheim, führte ein nicht alltägliches Leben, er war drei mal verheiratet. Die erste Ehefrau, die Witwe Maria Justina Rieger, geborene Trautwein aus Steinheim, war 19 Jahre älter als er. Seine zweite Ehefrau war die gleichaltrige Witwe Maria Dorothea Zucker, geborene Zimmermann aus Steinheim. Im Alter von 64 Jahren heiratete er die 38 Jahre jüngere Maria Magdalena Weber aus Murr. Die ersten beiden Kinder aus dieser Ehe, Louisa Magdalena und Friedrich Laurenzius, starben im frühen Säuglingsalter. Mein 4-facher Urgroßvater, nach seinem Vater benannt, erblickte 1785, drei Monate nach dem Tod seines Vaters, das Licht der Welt.

Sechs Monate nach dem Tod ihres Ehemannes ging Maria Magdalena die zweite Ehe wiederum mit einem Metzger ein. Der 8 Jahre jüngere Ehemann Johann Michael Wieland aus Aichelbach bei Oppenweiler verließ sehr bald seine junge Familie und ist verschollen.



Donnerstag, 19. November 2015

Großbottwar - Familie Volz

Der erste in Großbottwar bekannte Volz ist Christian, er ist Mitte des 16.Jahrhunderts zugewandert, vermutlich aus Nordheim, wo er um 1530 geboren ist. Er war Weingärtner und auch Bürgermeister, von ihm sind zwei Söhne bekannt: Melchior und Johann (Hans).
Melchior, der wohl prominenteste Großbottwarer seiner Zeit, besuchte die Lateinschule seines Heimatortes, danach die Klosterschulen Anhausen, Adelberg und Bebenhausen. Sein Studium an der Universität Tübingen schloss er mit einer hervorragenden Magisterprüfung ab. Von 1587 bis 1605 war er im württembergischen Dienst tätig. Als Präzeptor an der Klosterschule Bebenhausen, als Diakon in Böblingen, als Pfarrer in Wangen bei Stuttgart und als Spezialsuperintendent in Blaubeuren.
Von seinem Herzog wurde er 1605 als Pfarrer und Senior in die konfessionell stark umkämpfte damalige Weltstadt Augsburg vorgeschlagen, er nahm die Stelle an und versah sie bis 1616. Gesundheitlich angegriffen kehrte er in den württembergischen Kirchendienst zurück und fand als Abt und Prälat an zwei Klosterschulen Verwendung, zuerst in Anhausen, dann in Maulbronn. Er wurde in den 8-köpfigen Ausschuss des Landtags gewählt. Gleichzeitig galt er als Berater des Herzogs. Er starb kurz vor Weihnachten 1625 und wurde in der Maulbronner Klosterkirche begraben. Dort steht auch heute noch sein Grabstein, der allerdings während der Gegenreformation stark beschädigt wurde und lange Zeit als verschollen galt.
Melchior war ein ausgezeichneter Prediger. Ein Teil seiner in Blaubeuren und Augsburg gehaltenen Predigten liegt auch heute noch gedruckt in der Stuttgarter Landesbibliothek vor. Seine in Augsburg 1614 gehaltenen "Sechs schöne Predigten von der Theurung" hat er unter anderem "der Stadt Grossen Bottwar im Herzothumb Württemberg, guten Freunden und Landsleuten" gewidmet. Seine Heimatstadt hatte er auch in der Ferne nicht vergessen.
In ganz Deutschland wurde er bekannt durch seine harten Predigten und Kampfschriften gegen seine konfessionellen Widersacher in Augsburg, insbesondere die Jesuiten. Die Sprache beider Parteien lässt an Bildhaftigkeit der zeitgemäßen gegenseitigen Beschimpfungen nichts zu wünschen übrig.
 
 
 
Dieses Porträt von Melchior Volz wurde vermutlich nach einem  verlorenen gegangenen Wandbild im 20. Jahrhundert gefertigt. 
 
Melchior Volz beantragte 1613 in Augsburg für sich, seinen Bruder Johann und alle Nachkommen die Verleihung eines Wappens. Das Wappen enthält eine Weintraube mit zwei Blättern , darüber einen Weingärtner mit Rebmesser und soll nach dem Wortlaut des Wappenbriefes einen "Geistlichen Weingartner in dem Weinberg deß Herrn" symbolisieren, nimmt aber auch Bezug auf den Beruf von Vater und Bruder.
 
 
 
Der 1613 ausgestellte Wappenbrief zeigt in der Mitte das Familienwappen.
 
 
Von den 12 Kindern der Eheleute Melchior Volz und Barbara Elenheinz, einer Pfarrerstochter aus Böblingen und Enkelin des Alpirsbacher Abts Balthasar Elenheinz, erreichten nur sechs das Erwachsenenalter. Drei Söhne studierten in Tübingen Theologie wie ihr Vater, zwei davon waren vorübergehend Diakone in Großbottwar. Der Jüngere, Christian, wurde später Pfarrer in Winzerhausen. Zwei Töchter Melchiors heirateten Pfarrer.
 
Sein Bruder Johann wurde 1567 in Großbottwar geboren, vermutlich besuchte er auch die Lateinschule, denn er konnte sich als Erwachsener bemerkenswert gewandt schriftlich ausdrücken. Auch erscheint der Besuch dieser Schulart eher dem Status seiner Familie zu entsprechen als jener der noch in bescheidenen Anfängen steckenden deutschen Schule. Johann wurde Weingärtner. Der Großbottwarer Vogt berief den Sohn der zur städtischen Ehrbarkeit zählenden Familie als Mitglied in "Rath und Gericht". Der "Rath" Johann Volz hat sich besonders bewährt, denn schon bald wählte ihn das Stadtgremium zu einem der beiden Bürgermeister. Er war Rechnungsbürgermeister, denn die Titelblätter etlicher städtischer Jahresabschluss-Rechnungsbücher weisen seinen Namen an jeweils erster Stelle aus. Die Schreibweisen wie "Hannß Volltz" oder "Johann Voltzen" entsprechen der damals noch ungezähmten deutschen Rechtschreibung.
 
 
Titelblätter der städtischen Rechnungsbücher von 1612 und 1638, auf denen der Bürgermeister Hannß Volltz bzw. Johann Voltzen genannt ist.
 
Den auf Initiative seines Bruders verliehenen Wappenbrief hat er angenommen und sorgfältig aufbewahrt. Sein persönliches Petschaft (ein Stempel aus aus einem harten Material, der geeignet ist, ein Siegel in eine Siegelmasse/Siegellack einzudrücken) - in Archivunterlagen mehrfach dokumentiert - zeigt den im Wappen abgebildeten Weingärtner mit dem Rebmesser in der Hand.
 
 
Wappen der Familie Volz 
 
(aus dem Buch "Großbottwar - Beiträge zur Stadtgeschichte Band II")
 
Es gibt bei der Ahnenforschung immer wieder Überraschungen, man sucht hier und da nach Informationen. Setzt man die Puzzleteile zusammen, dann weiß man plötzlich sehr viel über den Urahn, dessen Namen man vor Wochen noch gar nicht kannte und der vor 200 oder 300 Hundert Jahren oder gar 450 Jahren, als sich Katholiken und Anhänger Martin Luthers gegenseitig "beschimpften", gelebt hat.
Im Jahr 2017 jährt sich der Tag an dem Martin Luther seine 95 Thesen - Disputatio pro declaratione virtutis indulgentiarum - an die Schlosskirche in Wittenberg genagelt hat, zum 500. Male. Den 500. Jahrestag der Reformation hat die baden-württembergische Landesregierung zum Feiertag erklärt. 
 
 

Montag, 16. November 2015

1910 - Haus am Hexensprung - 2014

Die Familie Schaffhäuser, Vorfahren mütterlicherseits, lebte in Sindelfingen. In den mittelalterlichen Gässchen der ehemaligen Reichsstadt stehen noch einige restaurierte Wohnhäuser meiner Vorfahren. Das markanteste Gebäude ist das Haus am Hexensprungerbaut um 1475 von Michael Schaffhäuser. Ein Zufallsfund ist diese alte Postkarte aus dem Jahr 1910 mit dem Haus am Hexensprung. Vergleicht man die mehr als 100 Jahre alte Postkarte mit meinem Foto aus dem vergangenen Jahr, so stellt man drum herum Veränderungen fest, aber die Struktur des Hauses blieb erhalten.

 
 
Haus am Hexensprung ann0 1910


Haus am Hexensprung anno 2014





Sonntag, 15. November 2015

Abt Matthäus Aulber & Grace Kelly

Matthäus Aulber ist 1495, als Sohn des Goldschmiedes Jodokus "Jos" Aulber, in Reutlingen geboren. Aulber führte in Reutlingen die Reformation durch, war Pfarrer in Reutlingen von 1518 bis 1548, Stiftsprediger in Stuttgart von 1548 bis 1563 und von 1563 bis zu seinem Tod 1570 Abt in Blaubeuren.



Aber was hat die ehemalige Fürstin Gracia Patricia, geboren 1929 in Philadelphia unter dem Namen Anmut Patricia Kelly, mit dem in Reutlingen geborenen Abt zu tun?
Ihr Großvater mütterlicherseits, Carl Majer, ist 1863 auf Schloss Helmsdorf, Immenstaad am Bodensee geboren. In Ihrem Stammbaum steht unter der Nummer 6.236 Matthäus Aulber, Abt im Kloster Blaubeuren. Aulber ist der 10-fache Urgroßvater von Grace Kelly.

Aulber war ja katholisch und hat das Zölibat gebrochen. Auf Betreiben der Konstanzer Kurie wurde Aulber mit elf weiteren Geistlichen am 22. Januar 1528 vor das Gericht in Radolfzell zitiert, um sich wegen Bruchs des Zölibats zu verantworten. Daraufhin erfolgte am 9. Mai 1528 Aulbers Exkommunikation. Aulber ließ sich aber von seinem Weg nicht abbringen und so ist es nicht verwunderlich, dass auf Aulbers Drängen Reutlingen neben Nürnberg die einzige süddeutsche Stadt war, die auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 das evangelische Glaubensedikt unterzeichneten.

Matthäus Aulber (1628-1689), Urenkel des Abts im Kloster Blaubeuren, war Abt in den Klöstern Adelberg, Murrhardt und Hirsau. Seine Tochter Marie Christiane war in 2. Ehe (1685) mit dem 28 Jahre älteren Metzger Hippolytus Fuchs aus Marbach verheiratet. (aus: Württembergische Kirchengeschichte online)

Hippolyt "Pältin" Fuchs (1623 -1694) ist mein Vorfahre aus einer wohlhabenden Marbacher Familie. Auch für Hippolyte war es die zweite Ehe, da seine erste Ehefrau Margaretha Thudichum meine Vorfahrin ist, gehören die Aulbers nicht zu meinen Ahnen.





Montag, 9. November 2015

1854 von Le Havre nach New York - Edgar P. Stringer

Nach dem Tod seiner Ehefrau (Regina Magdalena Straub 1784-1854) ist mein 4-facher Urgroßvater Georg Friedrich Albrecht (*1785 in Steinheim) zusammen mit seinem Sohn Samuel 1854 nach Nordamerika ausgewandert. Sie waren zusammen mit 500 Passagieren an Bord des Schiffes Edgar P. Stringer, das am 25. Oktober 1854 im Hafen von New York einlief.
Sein Sohn Gottfried (*1815), ebenfalls Metzger, verließ Württemberg bereits 1842, mit dem Schiff Bohl Bohlen segelte er nach Philadelphia.
Seine Tochter Regina Catharina (*1825 Steinheim), ließ sich 1847 zusammen mit weiteren vier ledigen Steinheimerinnen einen Reisepass für einen Besuch bei Verwandten in USA ausstellen.

Die Passagierliste vom Oktober 1854 ist auf "familysearch" noch vorhanden.




Mister Thompson bestätigte die Vollständigkeit der Passagierliste,
die im Hafen von New York vorzulegen war.

 
Nummer 64 und 65 auf der Passagierliste sind die Albrechts
(das Alter von Friedrich ist nicht richtig, er war bereits 69 Jahre alt)
 
Vater und Sohn sind Metzger, wie auch die beiden Generationen vor ihnen. In Philadelphia haben sie es offensichtlich zu Wohlstand gebracht, denn 11 Jahre nach dem Tod von Samuel (1909) haben seine Nachfahren eine Glocke für die Steinheimer Martinskirche gestiftet. Fast 70 Jahre nach der Auswanderung hatte die Familie Albrecht die Heimat in Württemberg nicht vergessen. Leider wurde die Glocke 1942 für Kriegszwecke eingeschmolzen.
 

 Harold, ein Nachfahre der Albrechts aus Oklahoma, war während seines Besuches in Steinheim auf dem Kirchturm und hat mir dieses Bild von der "new bell" geschickt. 





Montag, 2. November 2015

Auswanderung - Nach Amerika "aus dem Staub gemacht"

Dass es auch Fälle gab, in denen sich einer nach Amerika "aus dem Staub machte", weil ihm in Steinheim ein Konkursverfahren drohte, geht aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 21. Februar 1882 hervor, das also beginnt: "Wilhelmine geb. Wieland, Ehefrau des nach Amerika entwichenen Glasers Wilhelm Körner von hier, geb. am 2. Februar 1849 zu Ilsfeld, beabsichtigt mit ihren zwei Kindern nach Nordamerika auszuwandern und bittet deshalb um Entlassung aus dem Württembergischen Staatsverband." - Aus dem Beschlussantrag geht hervor, "dass der entwichene Körner sich im Konkurs befindet, die Familie aber sonst in keine gerichtliche Untersuchung verflochten ist." (aus: Heimatbuch der Stadt Steinheim)
Der entwichene Glaser Gottlob Wilhelm, der Jüngste von 11 Kindern, ist ein Enkel meines 4-fachen Urgroßvaters Christian Körner.

Wie ist es dieser Familie wohl in der Neuen Welt ergangen, wo haben Sie gelebt, kam Wilhelmine mit ihren beiden kleinen Kindern Ernst (3) und Pauline (2) jemals in Amerika an, findet man nach 130 Jahren noch Spuren?

Die Familie William Koerner lebte in Lafayette, Tippecanoe County in Indiana. Dort wurden drei weitere Kinder geboren: Marie (*1884), Caroline (*1885) und William Frederick (*1888). Wilhelm Körner wurde nur 50 Jahre alt, er verstarb am 11. November 1901. Die in Steinheim geborenen Kinder sind früh verstorben. Ernst starb 1906 und Tochter Pauline starb 1911 im 31. Lebensjahr. Wilhelmine überlebte ihren Ehemann um 18 Jahre und verstarb am 15. November 1919 ebenfalls in Lafayette. Auf dem Spring Vale Friedhof in Lafayette stehen die Grabsteine des Ehepaares Körner-Wieland und ihrer Tochter Pauline.

 
1880 - Pauline Körner - 1911

 
1851 - William G. Koerner - 1901 
1849 - Wilhelmine Koerner 1919
 
 

Sonntag, 1. November 2015

Medaille M. Melchior Volcius

In der elektronischen Zeitschriftenbibliothek der Landeskirchlichen Zentralbibliothek sind die Blätter für "württembergische Kirchengeschichte" aus den Jahren 1886 - 1925 online. In der Ausgabe des Jahres 1908 beschäftigt sich der Artikel auf Seite 185 mit "Bildnisse und Dokumente auf M. Melchior Volz".
 
 
Diese abgebildete Medaille war damals im Besitz des Königlichen Münzkabinetts in Stuttgart. Die Medaillen, in vergoldetem Silber, wurden von seinen Verehrern getragen. Als Künstler kommt der Nürnberger Silberschmied Melchior Carl, deutscher Medailleur des 16. und 17. Jahrhunderts, in Betracht. Er hat nicht nur Nürnberger, sondern auch Augsburger, wie 1611 Georg Fugger, auf Medaillen "konterfeit".
Volz kam 1606 nach Augsburg wo er im "Zwinger", einem der Kirchenpflege gehörenden Häuschen, gewohnt hat.
 


Samstag, 31. Oktober 2015

Großbottwar - Simri & Storch

Auf der Suche nach mehr Informationen über meinen Vorfahren Abt Melchior Volz in seiner Geburtsstadt Großbottwar, sah ich in der dortigen Stadtbücherei dieses alte Getreidemaß: einen gut erhaltenen Simri.
Der (das) Simri oder das Simmer (von althochdeutsch sumbir mit der Bedeutung Korb) war ein Hohlmaß zum Messen von Getreide. Ein Simri hatte etwa 22 Liter. Das genaue Maß wich oft von Ort zu Ort etwas ab.
 
 

 
eingebrannt in den Simri ist das Wappen der Stadt Großbottwar:
der Storch unter einer liegenden Hirschstange
 
 

Steinheim - "Blaue Pfütze"

Gewohnt haben meine Vorfahren in der "Blauen Pfütze" in Steinheim. Ich kann mich nur an den heutigen Namen dieses Gässchens erinnern, das irgendwann in der Nachkriegszeit in Brunnenweg umbenannt wurde. Für unsere Familie war und ist es weiterhin die "Blaupfütze".
 
 

Seit einigen Jahren gibt es eine neue "Blaue Pfütze" in Steinheim. Ein neu gebauter Weg, von der Brühlstraße abgehend, nicht weit von der alten "Blauen Pfütze", wurde "Blaue Pfütze" getauft.
Die Stadt Steinheim erklärt auch was die "Blaue Pfütze" ist: ursprünglich der Platz, an dem die Färber das Tuch mit "Waschblau" bleichten. - Gefragt habe ich nie, warum die "Blaue Pfütze" "Blaue Pfütze" heißt. Für uns war das halt die "Blaupfütze", aber man lernt nie aus. - Danke, Steinheim!



1521 - Wäschefärber




Freitag, 30. Oktober 2015

Oberstenfeld - Kratzmühle

 
die verbliebene Mauer erinnert an die Kratzmühle in Oberstenfeld
 


 
die Mühle ist 1693 beim Einfall der Franzosen abgebrannt und
wurde 1702 "wider aufgericht durch Gotes Seges Hand" 

 
 
Aus Oberstenfeld stammen u.a. die Vorfahren Häussermann, Gscheidle, Ziegler, Kayser und Zagelmayer. - Die 1693 entstandenen Plünderungs- und Brandschäden wurden aufgenommen. Überliefert ist, dass Michel Zagelmayer "nach dem Consignatio vom 21.2.1694" einen Brandschaden von 574 Gulden hatte.

Heimatbuch & Bauernhaus

"Viele Ereignisse und Gestalten, Schicksale und Begebenheiten sind es wert, dargestellt zu werden....
das Heimatbuch will sicherlich kein Lehrbuch sein, es will ein Lebensbuch, eben ein Heimatbuch sein." - Zitat aus dem Vorwort des Heimatbuches Steinheim an der Murr -



Diese 567 Seiten Heimat wurden im Juli 1980 gedruckt, in der Stadtbibliothek Steinheim habe ich dieses Heimatbuch ausgeliehen. - Die Ausleihfrist geht zu Ende und ein großer Teil des Buches ist ungelesen. Die Ausleihfrist verlängern und interessante Beiträge kopieren? Eigentlich sollte dieses Nachschlagewerk im eigenen Buchregal stehen. Im Antiquariat Alt-Hoheneck wurde ich fündig, eine gut erhaltene Ausgabe zu einem guten Preis.
Das Antiquariat ist im alten Ortsteil des Ludwigsburger Stadtteils Hoheneck. Durch schmale Gässchen mit restaurierten uralten Häusern gelangt man zum Antiquariat neben der "Krone Alt-Hoheneck", dem Gasthaus am Neckar.
Gegenüber steht ein aufwendig restauriertes Bauernhaus aus dem Jahr 1575, das 1828 als Schulhaus genützt wurde und seit 1908 dient das Gebäude als Rathaus.

 
Kopfstein über der Eingangstüre
das abgebildete Rebmesser lässt auf einen Weingärtner schließen

 
Steinporträt an der Fassade, vermutlich der Bauherr
 

Donnerstag, 29. Oktober 2015

Steinheim - Auswanderung nach Australien

Nach dem Ende der Sträflingsverschickung 1853 hat die Kolonialregierung von Tasmanien ein Programm zu subventionierten Überfahrten aufgelegt. Die Einwanderer sollten lediglich 5 englische Pfund beisteuern. Besonders interessiert war man an Farmarbeitern, Handwerkern und Dienstmädchen. 1870 begann man auch die Einwanderung aus Deutschland zu fördern, indem kostenloses Farmland offeriert wurde.
 
 
Louis Knorr war als Agent für die australische Regierung tätig
 
Auch Steinheimer wanderten nach Australien aus, 1854 waren es 151 Personen. Ihnen folgten 1855 aus armen Familien 73 Personen, für deren Überfahrt die Gemeinde 4.000 Gulden bezahlte.
Für die mittellosen Auswanderer bezahlte die Gemeinde je Kopf 42 Gulden. Heiraten von armen Brautleuten wurden nur genehmigt, wenn sie tatsächlich auswanderten. Die Hochzeit durfte erst einen Tag vor der Abreise stattfinden. Die Gemeinde zahlte auch die amtsärztlichen Zeugnisse, die Pässe, für die Bedürftigsten die erforderlichen Kleider und den Transport "per Wagen" nach Heilbronn oder Bietigheim, der von mehreren Gemeinderäten begleitet werden musste. Unter den Auswanderern befanden sich Familien mit sechs, sieben oder acht Kindern.
Die Auswanderungsgruppe, die im April 1855 die Überfahrt bezahlt bekam, bestand aus fünf Bauern, vier Webern und Bauern, drei Zieglern und Bauern, einem Zimmermann und Bauer im Alter von 14 bis 45 Jahren, drei Ehefrauen mit zehn Kindern und sechs ledigen Frauen zwischen 19 und 36 Jahren mit fünf unehelichen Kindern. Sie durften auf Gemeindekosten auswandern, weil - wie es im Gemeinderatsprotokoll heißt - "die Armuth stets zunimmt und die Opfer hiefür nicht mehr aufzubringen sind.... in der That ist es auch nöthig, in hiesiger Gemeinde zu säubern, da leider durch Armuth und Verdienstlosigkeit der Bettel so um sich greift, daß der Ruf der Gemeinde ernstlich Noth leidet... "
Auch auf eigene Kosten gingen zahlreiche Steinheimer nach Australien. Nach Privatnachrichten soll Carl Friedrich Körner, ein Schlosser, der 1864 nach Australien auswanderte, 1882 in Cardwell gestorben sein. - Carl Friedrich ist der Enkel meiner 4-fachen Urgroßeltern Christian Körner und Elisabeth Friederike Baader.
Auf rootsweb schrieb eine Nachfahrin von C.F.Körner: "I am researching the family of Charles Frederick Korner und Sarah Elizabeth Prangley. They were married in Roma, QLD in 1871. They had five children: Mary Elizabeth, Edward Charles, Adeline Sophia, Ernest Victor (died as an Infant) and Charles Frederick (Junior) - all born in Roma or Cardwell. Charles Frederick (Senior) died in Cardwell in 1881. He emigrated from Stuttgardt in 1864 as Carl Friedrich Korner. I would love to hear from anyone with a connection".
 
Johannes Reif, geboren 1840 in Steinheim, schrieb am 6.November 1862 aus Hornetbank in Queensland in Australien an seinen Bruder: "Lieber Bruder, du schreibst mir, daß der Karl und du zu mir kommen willst und ich soll dir schreiben, wie es ist in diesem Lande. Das Land ist gut, aber es ist nicht wie in Deutschland, daß alles Ackerbau ist und daß man sich in das Federbett legen kann nachts! Es ist guter Lohn von 30 bis 50 bis 60 Pfund das Jahr. Wo ich wirklich bin, habe ich 65 Pfund das Jahr, aber ich muß manche Nacht unter einem Baum liegen mit einem Teppich für mein Bett. Man hat kein so gutes Leben als wie in Deutschland.
Es ist gutes Leben, so wie es ist. Man bekommt 8 Pfund Mehl, 2 Pfund Zucker, 1/4 Pfund Tee und so viel Fleisch, als man essen mag. Die Leute, die "schefern" (Schafe züchten), die halten sich gewöhnlich einen Garten, die haben es besser. Ich bin 300 Meilen von der Stadt. Bis Januar komme ich hin, dann will ich dem Karl das Geld schicken, daß er frei zu mir kommen kann. Dann will ich sehen, was ich für dich tun kann ...."
 
aus: Heimatbuch Steinheim an der Murr
 
 


Montag, 26. Oktober 2015

Steinheim - Briefe eines Auswanderers 1836 & 1837

Der am 4. Februar 1813 geborene Johann Bernhard Sumser, Sohn des Philipp Heinrich Sumser, Bürger und Müller, ist als lediger Bäcker nach Amerika gereist und schrieb in einem Brief aus Cincinnati am 27. August 1836 an seinen Vater, seine Geschwister, seinen Schwager und seine Schwägerin sowie an seine Freunde in Steinheim unter anderem, dass er nimmer nach Deutschland kommen will, da nun seine Mutter gestorben war. Er schreibt:
"Denn es würde mir nur neuen Kummer erwecken, wenn ich meine liebe Mutter nicht mehr antreffen würde, und zudem ist die Reise mit zu großen Unkosten verknüpft, denn es gefällt mir zu gut in diesem Lande, es gefällt mir von Tag zu Tag besser! Es kann einer hier mehr verdienen als draußen in einer Woche, wenn man arbeiten will. Es gibt freilich viele, welche Amerika verachten und darüber schelten, aber das sind lauter solche, welche in Deutschland nicht gern gearbeitet haben, welche bloß nach Amerika gehen um zu essen und zu trinken, wie sie sich's einbilden, aber eben diese irren sich sehr, denn es ist gerade das Gegenteil, man bekommt nichts umsonst, man muss es bezahlen, wiewohl man kann es auch bezahlen, der Verdienst ist es danach. Ich verdiene diesen vergangenen Sommer die Woche 5 Taler und die Kost."

Und in seinem Brief vom 26. Juli 1837 schreibt er u.a.: "Ich habe schon so viel als das amerikanische Bürgerrecht angenommen, ich will lieber hier Bürger sein als in Deutschland. Hier hat man nicht so viele Abgaben als in Deutschland, hier in Amerika zahlt jeder Mann nicht mehr als einen Taler das Jahr und den Hauszins, das ist alles was er zu zahlen hat. Das Übrige was er verdient, ist seins!"

aus: Heimatbuch Steinheim an der Murr

Sonntag, 25. Oktober 2015

Kloster Maulbronn - Swabian Summer

Warum in die Ferne schweifen? Die Felder sind abgeerntet, die Weinlese ist beendet, der Herbst zaubert buntes Laub in die Wälder und Weinberge, die Zugvögel sammeln sich für den weiten Flug in den Süden.

 
Weingartmeisterei in Maulbronn - Baujahr 1768
Wohnhaus des Hof- und Weingärtners
 
 
Restaurant zur Klosterkatz

 
Zugvögel über dem Klosterhof

 
do wird no schwäbisch gschwätzt...
Schwabenvokabular in einem der Klosterlädla
 
Auch wenn die Besucher zum Jahresende hin weniger werden, das Kloster Maulbronn verfällt nicht in den Winterschlaf:
Kerzenlicht und Plätzchenduft, Glockenklang und Weihnachtslieder, ein Markt für die Sinne und die Seele. Unter diesem Motto findet der stimmungsvolle Weihnachtsmarkt statt. An 120 weihnachtlich geschmückten Ständen gibt es viel Kunsthandwerk, Spielzeug und allerlei für das leibliche Wohl. Der
Weihnachtsmarkt findet am 05. und 06.12.2015 statt.