"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Von Hugenbeckenreute über Murr nach Buffalo

Hugenbeckenreute? Bis vor 10 Tagen noch nie gehört. Dabei war ich der Meinung, dass ich die Dörfer im  Schwäbischen Wald kenne, zumindest dem Namen nach.


Heute war ich also in Hugenbeckenreute und in Kirchenkirnberg zu dessen Pfarrei Hugenbeckenreute gehört. Unter dem großen Viadukt hindurch ging es weiter zur Laufenmühle, vorbei an rauschenden Wasserfällen, dann von der Landstraße rechts ab den schmalen Weg hinauf in den Weiler Steinbach ganz nah am Viadukt über das die Schwäbische Waldbahn fährt. Weiter ins Tal hinab nach Klaffenbach und weiter zur evangelischen Kirche nach Rudersberg. In diesem Teil des Schwäbischen Waldes scheint die Zeit stehen geblieben zu sein, um so krasser war es wieder in meine dicht besiedelte Heimat zu kommen.


Pfarrhaus in Kirchenkirnberg

Zu Hugenbeckenreute: Vor 10 Tagen kam eine Message aus USA wegen Maria Magdalena Blank, geboren 1826 in Murr, die in meinem Online-Stammbaum steht, aber nicht zu meinen Vorfahren gehört. Und so machte ich mich auf die Spurensuche.


Klaffenbach anno 1686 - Forstlagerbuch Andreas Kieser

Maria Magdalena heiratete 1852 den aus Klaffenbach stammenden Zimmermann Jakob Mayle. Sein Vater Johann Georg ist 1791 in Steinbach geboren, mehr als 100 Jahre bevor dort das Viadukt über den Strümpfelbach gebaut wurde. Die Mutter von Jakob, Salome Frank, ist 1794 in 'Hugenb......' bei Kirchenkirnberg geboren. Den Geburtsort konnte ich im Familienregister nicht lesen, selbst raten blieb ohne Erfolg. Hier konnte nur der Wanderwalter (wanderwalter.de) weiterhelfen, denn dort ist jede Mühle, jeder Bach und auch jeder Weiler zu finden. Und tatsächlich fand ich auf einer Waldlichtung ein Gehöft mit dem Namen 'Hugenbeckenreute'.


Hugenbeckenreute auf einer Lichtung im Schwäbischen Wald

Im Staatsarchiv Ludwigsburg gibt es eine topographische Karte aus dem Jahr 1831 mit dem Wohnplatz 'Hugenbeckenreute', der damals aus 2 Gebäuden bestand und 1764 erstmals erwähnt wurde. Drumherum ist der Eulenwald und der Sandwald.
In der Beschreibung des Oberamts Gaildorf aus dem Jahr 1852 wird der Wohnplatz auch genannt: Hugenbeckenreute auch 'Drehershof' genannt, auf einem Hügel, ein ganz kleines vor etwa 80 Jahren angelegtes Gut, 10 Einwohner.

Huckenbeckenreute ist also in den waldreichen Bergen, wo sich, wie wir aus dem Flachland sagen: "Fuchs und Hase gute Nacht sagen." - Wie muss es dort vor 200 Jahren gewesen sein? Dichter Wald, wenig Felder, unbefestigte Straßen und die Waldbahn gab es noch nicht. Und trotzdem fand Salome, Tochter eines Bauern aus Hugenbeckenreute, in diesem dünn besiedelten Gebiet ihren Ehemann aus dem Weiler Steinbach.


Steinbach vor dem Viadukt der Schwäbischen Waldbahn


uralte Scheune in Steinbach

Man kann vermuten, dass der junge Zimmermann bei Holzfällarbeiten von Steinbach am Strümpfelbach nach Hugenbeckenreute hinauf gekommen ist. Seinen Sohn Jakob, ebenfalls Zimmermann von Beruf, zog es weiter weg nach Murr im Oberamt Marbach.
Die Handwerker gingen nach Abschluss der Lehrzeit auf Wanderschaft. "Auf der Walz" konnten die Gesellen neue Arbeitspraktiken, fremde Orte, Regionen und Länder kennenlernen und Lebenserfahrung sammeln. Und so mancher Handwerkergeselle hat sich "auf der Walz" verliebt. So könnte es auch bei Jakob Mayle (*1822) und Maria Magdalena Blank (*1826) gewesen sein. - Drei ihrer vier Kinder verließen den Heimatort Murr und wanderten nach Nordamerika aus. Die Nachfahren der ausgewanderten Tochter Magdalena Friederike (*1855), die wenige Wochen nach dem frühen Tod ihres Vaters geboren ist, leben heute in Buffalo.


Johanneskirche in Ruderberg
zu dessen Pfarrei auch die Einwohner von Steinbach gehörten



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