"Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft." - Wilhelm von Humboldt

Donnerstag, 17. März 2016

Peterskirche Murr - Glockenspende aus St. Louis

Der 1. Weltkrieg machte auch vor den Kirchen nicht Halt. Die Murrer durften auf Antrag die größte Glocke behalten: 'die große Glocke ist der Gemeinde besonders wert, und wir wären daher für ihre Befreiung von der Beschlagnahme durch Bestimmung zur Läuteglocke dankbar'. Das Königliche Oberamt hat dieser Bitte entsprochen. Die kleine und die mittlere Glocke wurden im Juli 1917 abgeliefert, aus Glocken wurden Kanonen .....

 
Peterskirche in Murr

Nach Kriegsende sollten neue Glocken beschafft werden. Aus Kostengründen entschieden sich die Murrer nur für die mittlere Glocke. Aber bald konnte die kleinere Glocke nachbestellt werden: 'durch Andeutungen ermuntert, richtete Pfarrer Kr. an nach Amerika ausgewanderte Verwandte der Familie J. die Bitte, im Gedenken an ihr Heimatdorf die Erfüllung des Wunsches nach einem vollständigen Geläute finanziell zu unterstützen. Der Bittbrief trägt das Datum 15. Jan 1921'. - Welcher Art diese Andeutungen waren ist nicht bekannt, vielleicht wurde der Gemeindepfarrer durch die Glockenspende für die benachbarte Kirche in Steinheim durch die nach Philadelphia ausgewanderte Familie Albrecht animiert.
Der Bittbrief hatte Erfolg, denn in St.Louis ging am 5. Febr. 1921 die Mitteilung ab, 'daß die Kirchengemeinde von Murr die beiden Kirchenglocken, die mit einem Kostenvoranschlag von 27.000 Mark berechnet sind, bestellen kann, da ich mich verbürge, daß das Geld binnen kurzer Zeit in Ihren Besitz gelangen wird'. - Im Spätherbst 1921 wurden die beiden Glocken feierlich eingeholt.

 
Turm der Peterskirche


Die mittlere Glocke B - 337 Kilogramm - trägt als Aufschrift:

Christian, Wilhelm u. August Jaudes
ihrem Geburtsort Murr zum Geschenk
Weihnachten 1921
Freude dieser Stadt bedeute - Friede sei ihr erst Geläute!
 
Die kleine Glocke D - 180 Kilogramm - trägt die Aufschrift:
 
Ehre sei Gott in der Höhe!
 
Am Christfest 1921 wurden sie im Festgottesdienst geweiht und wieder taten unsere Glocken ihren Dienst in Liebe zum Frieden. 20 Jahre lang .....
Schon im April 1940 mussten die Glocken wieder zur Abnahme gemeldet werden. Pfarrer R. bemühte sich in seiner Eingabe, die im 1.Weltkrieg zurückgestellte Glocke frei zu bekommen, da 'die zur Zurückstellung vorgesehene kleine Glocke für den 1,5 km langen Ort im Ton zu schwach ist'. - Dem Wunsch wurde nicht entsprochen. In einer Randbemerkung schreibt Pfarrer R. resigniert: 'Kleine bleibt'! Am 27. Januar 1942 wurde die große und mittlere Glocke abgenommen, wiederum wurden Glocken zu Kanonen .....
 
 
Eingang der Peterskirche
 
Fünf Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs wurden in der Glockengießerei Bachert in Heilbronn 2 Glocken bestellt. Der Glockensachverständige empfahl, die spätere Anschaffung einer 4. Glocke im Auge zu behalten. 'Der prächtige Kirchturm, der die ganze Gegend beherrscht, fordert ein einwandfrei disponiertes Vierer-Geläut, das seiner würdig ist'.
Es hat fast ein halbes Jahrhundert gedauert, bis die 4. Glocke in Auftrag gegeben wurde.  Durch eine großzügige Spende von Elise Pfuderer konnte das Vierer-Geläut endlich realisiert werden.

(Quelle: Geschichten vom Dorfbuchdoktor)

 
das alte Schulhaus gegenüber der Peterskirche
hier gingen die Brüder Jaudes zur Schule
 
Bei dieser Recherche stellte sich mir die Frage, ob es in St.Louis noch Nachfahren der spendablen Jaudes-Brüder gibt, die 1882 ausgewandert sind. Ja, es gibt in St.Louis heute noch Nachfahren von August Jaudes.  



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen